Von Wolf Stegemann
In mehreren regionalen Lehrer-Konferenzen der Volksschulen, die in Dorsten um die Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts stattfanden, behandelten die Lehrer Themen wie Prügelstrafe und ihre Anwendung, oder Schulzucht und Sittlichkeit, die Trunksucht in den arbeitenden Klassen sowie das Glück der maßvollen Zurückhaltung. Es wurde aber auch der Kampf aufgenommen gegen die gottlosen Umstürzler und vaterlandslosen Gesellen, denen die Volksschule eine Barriere bilden müsse. Die Volksschulen traten ein für Kirche und Religion, die stets vor der Treue zu Kaiser und Staat genannt wurden. Lehrer aus Dorsten nahmen an diesen Konferenzen teil, die Bericht lieferten über das, was damals beschlossen wurde und das bei der Lektüre heute sicherlich Schmunzeln, Stirnrunzeln und Kopfschütteln verursacht.
Die Züchtigung: „Laß’ dich leiten von den Lehren des göttlichen Lehrmeisters“
Am 11. August 1897 fand in Dorsten die Lehrer-Konferenz statt, in der diskutiert und festgelegt wurde, „wie der Gesangsunterricht fruchtbringend“ zu erteilen sei, neben diesem pädagogisch-musischen Anliegen wurde aber auch ausführlich über das „Züchtigungsrecht des Lehrers in der Schule“ vorgetragen, die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen erläutert und danach gemeinsame „Leitsätze aufgestellt“, nach denen sich die Schulen zu richten hatten. Diese lauten wörtlich:
„Zu körperl. Züchtigungen, die durch Pflicht und Gewissen oft genug geboten sein können, ist der Lehrer auch berechtigt, was hervorgeht aus dem Urteil der hl. Schrift, der Pädagogik und der bürgerlichen Gesetze.
Die körperliche Züchtigungen, die den Zweck haben, zu bessern und vom Bösen abzuschrecken, und die zur Errichtung dieses Zweckes als letztes Mittel dienen, können wir zur Bestrafung gewisser Fehler, Unsitten und Rohheiten, die meistens auf schlechte häusliche Erziehung, auf angeborener Neigung oder Verführung zurückzuführen sind, nicht entbehren. Die körperl. Züchtigungen sind nach Maß und Art strengstens zu bemessen nach dem Alter, Geschlecht, Charakter, Bildungsgrad, kurz nach der geistigen und körperlichen Beanlagung (sic!) des Kindes; sie dürfen nie der Gesundheit schädigen und müssen stets das Gepräge väterlicher Liebe und [unleserlich] Ernstes, nicht aber der Rohheit und Gefühllosigkeit, der Wut und Rache, oder gar der häßl. Parteilichkeit tragen.
In den meisten Fällen, welche eine körperliche Züchtigung erheischen,, ist diese ohne lange Umständlichkeit sofort zu vollziehen, werden besonders schwere Fälle begangen in oder außer der Schule, ist nach Rücksprache mit den Eltern, Vormünder, Amtsgenossen, mit der gräfl. und weltl. Ortsbehörde und mit den nächsten Schulaufsichtsbeamten in Beisein wenigstens eines der letzteren vor der Klasse (wenn Mitschüler davon wissen oder vielleicht Ärgernis daran genommen haben) oder außer derselben zu bestrafen sind, vorausgesetzt, dass nicht die Bestrafung dem Gericht zu überlassen ist.
Schlagen mit der Faust war nicht erlaubt
Die Rute oder das sogenannte Centimeterstöckchen ist das einzig passende Werkzeug, mit dem die körperl. Züchtigungen zu vollziehen sind, während Lineale, Violinbogen, Stöcke, Riemen und andere derartige Marterwerkzeuge, sowie auch der Gebrauch der freien Hände oder der Faust, die den Unwillen vielfach durch Ohrfeigen, Ohrenreissen, durch Haarzausen, durch Stöße und Schlagen auf den Rücken Luft zu machen suchen, ganz unzulässig und strafwürdig sind und nur ein untrügl. Zeichen dafür abgeben, dass in einer Schule, in der solche Wutausbrüche vorkommen, ein unsauberer und gemeiner Geist herrscht.
Mädchen durften nur auf den Rücken geschlagen werden
Bei Mädchen darf die Züchtigung nur auf den Rücken oder in die Hand, bei den Knaben, falls dieselben von den Mädchen getrennt unterrichtet werden, auch außerdem auf das Gesäß vollzogen werden. Bei aller körperl. Bei Züchtigungen ist darauf zu achten, dass das Schamgefühl des Kindes nicht verletzt werde.
Kellner sagt in seiner Volksschulkunde: „Daß es viele Lehrer gibt, welche die körperl. Züchtigung ganz entbehren können und des Stockes nicht bedürfen, um Ruhe zu halten, ist eine Tatsache und wenn wir dafür auch zugeben, körperl. Züchtigungen in unseren Volksschulen vorkommen dürfen, so sind doch jedenfalls diejenigen im Irrtum, welche sich dem Glauben hingeben, dass sie darin durchaus vorkommen müssen. Laß’ dich bei körperl. Züchtigungen leiten von dem Geiste des Christentums, von den Grundsätzen der Nächstenliebe, von den Lehren des göttl. Lehrmeisters, den die den Tempel entheiligenden wohl mit der Geißel behandelte. Die Kleinen aber liebevoll zu sich kommen ließ: und der Gebrauch des Stockes wird für dich zu den Ausnahmen gehören.“
„Die feste Liebe des Lehrers macht Schüler-Herzen für Zucht und Lehre empfänglich“
Am Weihnachtstag des gleichen Jahres, am 24. Dezember 1897, trafen sich die Lehrer erneut in Dorsten und hörten sich den Vortrag über „Schulzucht“ des Lehrers Fleitmann aus Dorsten an, der in der Schulchronik der Antoniusschule als „frei gehalten, inhaltlich und formell meisterhaft“ eingeschätzt wurde. Dem Vortrag entnahmen die Lehrer für sich ebenfalls „Leitsätze“.
„Unter Schulzucht, die der Schule so notwendig ist, wie der Mühle das Wasser, dem Vogel die Flügel, ohne welche alle Tätigkeit in der Schule die rechte Weihe, der rechte Segen und Erfolg fehlen, verstehen wir alle die Veranstaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten der Schule, die darauf abzielen, den Willen selbständig zu machen und auf den rechten Weg zu lenken, sie bezieht sich sowohl auf das äußere Verhalten des Schülers als auch auf sein sittl. Verhalten.
Die Schulzucht ist in erster Linie abhängig von der Persönlichkeit des Lehrers, der voll Liebe, Begeisterung und Hingebung für seinen Beruf, seinen Schülern in allen Tugenden, zu denen (er) sie erziehen will, allzeit und überall Muster und Vorbild ist, eingedenk der Wahrheit, dass die Schüler zuerst Tun, was sie vom Lehrer sehen, nicht was sie von ihnen hören. Die reine uneigennützige, aufopfernde, treue, ermahnende, geduldige, freundliche, ernste und feste Liebe des Lehrers zu seinen Schülern macht deren Herzen für Zucht und Lehre empfänglich, ruft ihnen den Vorsatz wach, sich die Zufriedenheit des Lehrers zu erringen und seine Liebe sich zu wahren, setzt ihn auch in das beste Verhältnis zu den Eltern der Kinder, ohne deren Mitarbeit und Unterstützung weder zu erzielen noch zu erhalten ist…
Geisteszucht und Redezucht
Der Unterricht erhalte die Schüler in geistiger Tätigkeit, gehöriger Spannung und Teilnahme (Geisteszucht), errege die Aufmerksamkeit und den Fleiß, ziehe den Schüler zu richtiger Rede (Redezucht) und treibt ihn an zu ernster Arbeit. In der Erziehung ist Aufgabe der Schulzucht, neben Gottesfurcht, der Tugenden Mutter, die Tugenden zu pflegen, in denen sich ein gesundes Jugendleben darstellt, als Gehorsam, Selbstbeherrschung, Ehrliebe, liebende Rücksicht auf andere, Bescheidenheit und Höflichkeit.
Als sichere Kennzeichen einer guten Schulzucht gelten die Ordnung und Reinlichkeit im Schulzimmer und auf dem Spielplatze, den Aborten, die anständige Körperhaltung der Kinder, das würdevolle, nicht wüste Benehmen auf dem Spielplatze, die Ruhe vor dem Unterrichte und während derselben, die gespannte Aufmerksamkeit und die rege Mitarbeit der Schüler, das muntere, doch bescheidene Aufzeigen ohne Klatschen, Rufen und Aufspringen, die Ordnung beim Weggehen, das gesittete höfliche Benehmen auf der Straße, die schöne, deutliche Handschrift, die Reinlichkeit in den Aufsatz-, Schreib- und Zeichenheften, die Art und Weise der Anfertigung der häuslichen Arbeiten.“
Gegen gottlose Umstürzler: „Religion und Vaterlandsliebe nicht nur im Munde führen“
Am 15. Juni 1898 fand in Dorsten im Saal des katholischen Gesellenhauses [Kolpinghaus am Südwall, heute abgerissen] die so genannte Kreiskonferenz der Lehrer statt. Hier wurde es politisch. Denn Lehrer Engberting sprach über „Die Macht der Schule gegen den Umsturz“. Daraus entwickelte die Kreislehrer-Konferenz ihre Leitsätze für Schule und Unterricht:
„Ein guter Christ und wahrer Patriot wird mit banger Sorge um die Zukunft erfüllt, wenn er von den Bestrebungen der Umsturzpartei hört und sich vergegenwärtigt, welch heißer Kampf entbrannt ist gegen Familie, Staat und Kirche, und er wird bekennen müssen, dass Hülfe noth thut, um die heiligsten Güter zu schützen. Die Lehren der Umsturzparteien offenbaren sich hauptsächlich als Lehren der Gottlosigkeit (Atheismus) und der Vaterlandslosigkeit (Anarchismus). Wenn es wahr ist, dass in der Jugend die Zukunft liegt, dann folgt daraus für die Volksschule die Pflicht, durch die Erziehung und den Unterricht der Jugend den sozialistischen Anschauungen und Bestrebungen einen mächtigen Damm entgegen zu setzen, gemäß den Worten unseres allergnädigsten Kaisers: ,Genau die Volksschule ist es, welche am meisten dazu berufen ist, den Bestrebungen der Umsturzparteien entgegenzuwirken.’ Unser allergnädigster Kaiser gibt uns auch den Weg an, den wir Lehrer zur Bekämpfung des Sozialismus einzuschlagen haben, indem er sagt: ,Die Schule hat nicht den Hauptnachdruck auf die Aneignung des Lernstoffes, sondern auf die Bildung des Charakters und die Bedürfnisse des praktischen Lebens zu legen.’ Unter allen Unterrichtsfächern ist besonders der Religionsunterricht geeignet, die Herzen der heranwachsenden Jugend den Irrlehren der vaterlands- und gottlosen Umstürzler nachhaltig zu verschließen.“
Freude des Lehrers an seinem Beruf hält ihn an Geist und Körper frisch
Am 3. August 1898 fand in Dorsten die Bezirkslehrer-Konferenz statt. Lehrer Bronstert führte mit Kindern und Eltern einige Turnspiele vor, die, wie die Antonius-Chronik berichtet, „zur Einführung sehr zu empfehlen sind“. Der anschließende Vortrag, aus dem die Lehrer-Konferenz wieder Leitsätze entwickelte, befasste sich diesmal mit der Berufsfreudigkeit der Volksschullehrer. „Die Freude in und am Beruf, die Berufsfreudigkeit, sie ist jedem Lehrer unerlässlich notwendig, denn sie hält ihn selbst an Geist und Körper frisch, und sie erwirbt ihn die für seine Wirksamkeit so notwendige Achtung, Liebe und Zuneigung der Kinder. Nur ein glücklicher, von seinem Beruf wahrhaft begeisterter Lehrer wird den Hauptzweck der Schule, das Geschäft der Erziehung richtig und nachhaltig zu betreiben vermögen. Die Tätigkeit des berufsfreudigen Lehrers beschränkt sich nicht bloß auf die angesetzten Schulstunden, sondern erstreckt sich auf jede Stunde, auf jeden Ort, die ihn absichtlich oder unabsichtlich mit Kindern zusammenführt.“
Volksschule ein Bollwerk gegen die Trunksucht und Landstreichertum
Am 28. Juni 1899 fand im Hotel Schlenke in Dorsten eine weitere Kreiskonferenz statt mit dem Vortragsthema: „Der reiche Prasser. Was kann die Schule zur Bekämpfung der Trunksucht beitragen?“ Als Leitsätze wurden erarbeitet:
„An der Entsittlichung vieler Menschen, an der Fülle der Zucht-, Kranken- und Irrenhäuser, an der großen Zahl der Selbstmorde, an der Zerstörung des Familienglückes, an Armut und Bettelei, an Arbeitsscheu und Landstreichertum trägt zum größten Teil der übermäßige Genuß geistiger Getränke, namentlich des Branntweines, die Schuld (Weber). Angesichts dieses Elends haben Geistliche, Ärzte, Juristen, Armenpfleger und Gefängnisgesellschaften, überhaupt alle denen wahres Menschenwohl am Herzen liegt, um diese große in weiten Kreisen Verderben anrichtende Übel mit allen zu Gebote stehenden Mittel, durch inniges, uneigennütziges Zusammenwirken zu bekämpfen.
Wenn in der Jugend die Zukunft liegt, so ergibt sich daraus für unsere Volksschule die heilige Pflicht, in diesem allgemeinen Kampfe nicht unnütz dazustehen, sondern im Interesse der Kirche, des Staates und der Familie an den großen edlen Werken nach Kräften und den Kampf gegen die Trunksucht auch auf ihre Fahnen zu schreiben.
Die Schule ist zwar nicht im Stande, eine ganz abgeschlossene, gegen die Gefahren der Trunksucht völlig gefestigte Charakterbildung zu geben; sie kann aber durch Unterricht und Erziehung der täglich mehr und mehr um sich greifenden Genusssucht mit Erfolg entgegen arbeiten und durch den Aufbau eines guten Fundamentes die Bestrebungen der Mäßigkeitsfreude wirksam unterstützen.
Katechismus und biblische Geschichten gegen Trunksucht
Unter allen Unterrichtsfächern ist namentlich der Religionsunterricht dazu berufen, das sittl. Verhalten des Menschen zu regeln und in die rechten Bahnen zu lenken; Katechismus und Bibl. Geschichte geben dem Lehrer daher die besten Waffen zum Kampf wider das Laster der Trunksucht…
Die Hauptarbeit auf dem Gebiete der Mäßigkeitsbestrebungen fällt den Lehrern der älteren Schüler zu, aber auch den Lehrern der Kleinen ist es vergönnt, an dem Kampfe teilzunehmen, und gegen deren Alkohol zu ziehen, dann müssen sich auch die Erzieherinnen der Mädchen in die Kampfreihen stellen, weil in heutiger Zeit vielfach die Frauen, namentlich die Frauen der arbeitenden Klassen, einen großen Teil der Schuld an dem Verderben tragen.
Der Lehrer kann aber nur dann erfolgreich zur Förderung der Mäßigkeitssache beitragen, wenn er selbst bestrebt ist, seinen Schülern wie deren Angehörigen und der ganzen Schulgemeinde in Wort und Tat das hell leuchtende Vorbild eines enthaltsamen Wandels zu sein.“
Chronik nennt nur noch die Vortragsthemen
Weitere Themen waren, wie sich Lehrer auf den Unterricht vorbereiten sollen, sie hörten, wie wichtig Topfpflanzen in Schulzimmern sind. Mit dem Jahrhundertwechsel hörte im Jahre 1900 die Berichterstattung in der Chronik der Antoniusschule in Holsterhausen über die aus den Vorträgen auf den Konferenzen erarbeiteten Richtlinien für Schule, Lehrer und Kinder auf. Es werden nur noch Ort, Datum und Vortragsthemen genannt. Am 19. März 1900 fand die Frühjahrskonferenz in Dorsten statt. Die Lehrer widmeten sich gleich zwei Themen: „Der Verkehr des Lehrers mit den Behörden“ und „Wie erzieht die Schule zum Anstand und zur guten Sitte?“ Zur Kreiskonferenz trafen sich die Lehrer am 25. Juni in Dorsten und hörten den Vortrag „Die Pflichttreue weckt, nährt und belebt die Berufsfreudigkeit“ [des Lehrers]. Am 7. November tagte die Bezirkskonferenz in der Schule zu Wenige (könnte vielleicht die Wenge gemeint sein?), wo die Anweisung der königlichen Regierung verkündet wurde, dass Schüler über Tuberkulose, Mund- und Zahnpflege sowie über die „Schädlichkeit des Alkohols“ zu unterrichten seien. – Damit hören die Eintragungen in der Chronik der Antoniusschule auf.
Prügelstrafe heute? Gewohnheitsrecht schützte noch bis in die 1960er-Jahre prügelnde Lehrer und Eltern
Die Prügelstrafe als Gerichtsstrafe wurde in Preußen bereits 1848 abgeschafft. Die Prügelstrafe in der Schule blieb. Erst der Artikel 2 des Grundgesetzes sollte die Prügeltradition 1949 beenden. „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“, heißt es darin. Doch die Realität in Schule und Erziehung sah in den 1950er- und 60er-Jahren anders aus. Es wurde weiter geprügelt.
Das Gewohnheitsrecht schützte prügelnde Lehrer, Erzieher und Eltern. Ein Grundschullehrer blieb 1957 straffrei, obwohl er seine Schüler mit Ohrfeigen und Rohrstock traktiert hatte. „Bis 1945 stand dem Volksschullehrer kraft Gewohnheitsrecht die Befugnis zu, aus begründetem Anlass zu Erziehungszwecken maßvoll zu züchtigen“, heißt es in der Begründung des Bundesgerichtshofes. Es sei nicht zulässig, sich auf das Grundgesetz zu berufen, um eine neue pädagogische Auffassung durchzusetzen.
„Niemals pflanzt die Rute Kindern ein das Gute“
Prügelstrafen für Minderjährige sind damals gesellschaftlicher Konsens, dem Grundgesetz zum Trotz. „Wo immer man weinende Kinder hörte, wo immer man sah, dass Eltern ihr Kind schlugen, schritt niemand ein. Man ging seit Jahrhunderten davon aus, dass Kinder böse zur Welt kommen, dass man sie zurechtbiegen muss“, sagt Ingrid Müller-Münch, Journalistin und Autorin des Buches „Die geprügelte Generation“.
Nach Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes sprechen sich mittlerweile 90 Prozent aller Eltern dafür aus, ihre Kinder ohne Schläge zu erziehen. Doch erst ein gutes Drittel schaffe es, sich konsequent daran zu halten. Die Mehrheit greife noch immer zu leichten körperlichen Strafen vom Klaps auf den Po bis zur Ohrfeige. Seit dem Jahr 2000 verbietet das Bürgerliche Gesetzbuch seelische Verletzungen, andere entwürdigende Maßnahmen und körperliche Bestrafungen von Kindern. Dass Züchtigungen den Kindern nicht gut tun, wusste der Lyriker Walther von der Vogelweide bereits im 13. Jahrhundert: „Niemals pflanzt die Rute Kindern ein das Gute: Wer zu Ehren kommen mag, dem gilt Wort so viel als Schlag.“
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Hallo Wolf, ich kann mich noch genau an mein 3. Schuljahr an der Antoniusschule (1957) erinnern. Unser Lehrer war noch ein Anhänger der Prügelstrafe. Wir haben oft genug vor seinem Katheder gestanden und mit einer Haselrute auf die Finger bekommen. Dabei hatte er die unangenehme Angewohnheit, anstatt auf die Handfläche auf die Fingerspitzen zu hauen. Wehe, du hast weggezogen, dann gab’s einen Nachschlag! Die Krönung des Ganzen war, daß wir die Ruten, mit denen wir es durch die Finger bekamen, im Garten des Lehrers, der neben dem meiner Eltern lag, mit seinem Taschenmesser selber schneiden mußten!