Von Wolf Stegemann
Vorbemerkung: Wir haben diesen Artikel bereits 2012 in diesem Online-Magazin veröffentlicht. Er stieß auf große Resonanz und immer noch wird dieser Artikel fast täglich gelesen. Mit Stand vom 20. November 2020 über 4969 Mal. Anlass, auf ihn aufmerksam zu machen, sind die Nürnberger Prozesse, die in diesen Tagen vor 75 Jahren begonnen haben. Einer, der in einem der Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt wurde, war Richard Hildebrandt, einst Schüler am Gymnasium Petrinum.
„Lieber Richard! […]. Vor 5 Wochen ungefähr hatte ich die ersten von 600 an die Wand gestellt, seitdem haben wir bei einer Aufräumungsaktion etwa 2.000 umgelegt, bei einer vierten wieder etwa 1.000 und zwischendurch habe ich dann in den letzten 8 Tagen 2.000 Juden und 200 Zigeuner erschießen lassen […]. 2.200 fast nur Juden werden in den nächsten Tagen erschossen. Eine schöne Arbeit ist das nicht! Aber immerhin muss es sein, um einmal den Leuten klar zu machen, was es heißt, einen deutschen Soldaten überhaupt nur anzugreifen und zum andern löst sich die Judenfrage auf die Weise am schnellsten. […] Ich bin mit den herzlichsten Grüßen an Deine liebe Frau und die Kinder, besonders aber an Dich mit Heil Hitler wie stets Dein getreuer Harald.“ – (Staatsrat und SS-Gruppenführer Dr. Harald Turner 1941 an Richard Hildebrandt)
Ein Mörder und Kriegsverbrecher mit humanistischer Bildung
Seit Jahrhunderten trägt das Gymnasium Petrinum meist mit Erfolg dazu bei, Schülern Wissen und humanistische Bildung mit auf den Lebensweg zu geben. Viele, die diese Schule besucht haben, sind bedeutende Theologen, Wissenschaftler, Forscher, Literaten, Künstler und Kaufleute geworden, die ihre Intelligenz und Bildung sowie ihre Kenntnisse für das Allgemeinwohl eingesetzt haben. Zumindest für einen trifft dies nicht zu. Nicht, weil er nicht gebildet gewesen wäre oder gar unintelligent. Er war gebildet und intelligent, manche bewerten ihn auch als intellektuell. Wie auch immer seine Eigenschaften waren, er setzte sie ein, um Verbrechen zu begehen, Juden im Osten zu Tausenden zu töten. Richard Hildebrandt, 1897 in Worms geboren, machte 1915 die Reifeprüfung am Gymnasium Petrinum in Dorsten, war Reichstagsabgeordneter, SS-Obergruppenführer, General der Polizei und Kriegsverbrecher. Er wurde am 10. März 1951, auf dem Tag genau drei Jahre nach dem Urteilsspruch gegen ihn vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal, im Gefängnis von Bydgoszcz (frühere Bromberg) gehenkt.
Richard Hildebrandt besuchte die Gymnasien Worms, Frankfurt am Main und Dorsten. Nach dem Notabitur meldete er sich als Kriegsfreiwilliger zum preußischen Feldartillerie-Regiment Nr. 22 und als Artilleriebeobachter an der West- und Ostfront. Ausgezeichnet wurde er mit dem Eisernen Kreuz, der Hessischen Tapferkeitsmedaille und dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer. Sein Vater Albert war während der Dorstener Schulzeit seiner Söhne Direktor und Mitinhaber (in Unterlagen so genannt, aber nicht belegt) des 1911 gegründeten Keramitwerks in Holsterhausen, das 1914 von Röchling (Wetzlar) übernommen, als Stahlwerk umfunktioniert und Mitte der 1920er-Jahre geschlossen wurde. Richards Mutter hieß Margaretha und war eine geborene Dos. Die Familie wohnte in dieser Zeit am Ostwall 18 in Dorsten.
Nach dem Krieg in Dorsten gearbeitet
Bei Kriegsende war sein Sohn Richard Leutnant d. R. und arbeitete zunächst (belegt 1918) im Werk seines Vaters in Holsterhausen. Dann studierte er in Köln und München Nationalökonomie, Sprachen, Geschichte und Kunstgeschichte ohne Abschluss. Er war als Handelskorrespondent und Bankkaufmann in Köln, Münster, Augsburg, Worms und Hannover tätig. Schon 1922 wurde er Mitglied der NSDAP in Bad Windsheim (Mittelfranken) und nahm 1923 am „Deutschen Tag“ in Nürnberg teil, trat 1923 in die SA ein und beteiligte sich am 11. November 1923 am „Marsch der SA auf Nürnberg“. Als die NSDAP 1924 verboten wurde, trat er als Bezirksführer Mittelfranken in das Freikorps „Bund Oberland“ ein. Das Freikorps bildete ab 1921 den Kern der SA in Bayern.
1928 emigrierte Hildebrandt in die USA. In New York heiratete er 1928 die 1903 in Bamberg geborene Johanna (Hansi) Fischer. Sie war weder zu dieser Zeit noch später Mitglied der NSDAP. Richard Hildebrandt betätigte sich in den USA als Farmer, Gärtner und Handwerker sowie als Buchhändler in einer deutschen Buchhandlung in New York. Mit der Mitgliedsnummer 89.211 trat er in die NSDAP-Ortsgruppe New York ein und kehrte 1930 nach Bad Windsheim zurück, um, wie er in seinem Lebenslauf für die SS-Personalakte selbst schrieb, „mich ausschließlich für die N.S.D.A.P. einzusetzen“. 1930 wurde Hildebrandt NSDAP-Ortsgruppenleiter und später Bezirksführer von Windsheim/Uffenheim im Gau Mittelfranken. In dieser Zeit war sein Vater Bürgermeister in Windsheim (1930 bis 1933). Im Januar 1931, inzwischen in Schillingsfürst bei Rothenburg ob der Tauber wohnend, trat Richard Hildebrandt wieder in die SA ein, verließ sie aber einen Monat später, um in die SS einzutreten (Mitgliedsnummer. 7.088), wurde Stabsführer und Adjutant des damaligen Führers der Leibwache Adolf Hitlers, Sepp Dietrich. Es folgten die Beförderungen 1931 zum Sturmbannführer in München, 1932 zum Stabsführer und Adjutanten der SS-Brigade Süd (München), zum Standartenführer und mit 36 Jahren zum SS-Oberführer (vergleichbar im Heer mit General und in der Marine mit Admiral).
Nach 1933 auch Mitglied des Reichstags
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde Hildebrandt zur SS-Gruppe West versetzt. Außerdem saß er von November 1933 bis zum Ende der NS-Herrschaft im Frühjahr 1945 als Abgeordneter im unbedeutend gewordenen Reichstag. Zudem war er ab 1936 Mitglied des Landesbauernrates und des Landesbauernthings der Rheinprovinz sowie des Reichbauernthings. Bald nach seiner Ernennung zum SS-Brigadeführer 1933 übernahm er die Leitung des SS-Abschnitts XXI in Görlitz, den er bis 1935 führte. Während des Röhm-Putsches ließ Hildebrandt vier jüdische Bürger der Stadt Hirschberg und zwei angeblich kommunistische Arbeiter in Landeshut ermorden. 1937 wurde der SS-Gruppenführer hauptamtlicher Führer des SS-Abschnitts XI in Wiesbaden. Ab 1937 war er Führer des SS-Oberabschnitts Rhein. 1938 erfolgte schließlich seine Ernennung zum Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) Rhein. Im Mai 1939 gründete er den „Deutschen Reichsverein für Volkspflege und Siedlungshilfe“ mit dem Ziel, den Kirchenbesitz zu zerschlagen.
1939 versetzte ihn Himmler als Höheren SS- und Polizeiführer nach Danzig. Adolf Hitler selbst hatte von Himmler für Danzig einen SS-Führer angefordert, der „ein ganz scharfer Polizeiführer“ sein müsse, der „jede Gefühlsduselei im Keim ersticke und eine kulturelle Betätigung der polnischen Bevölkerung mit allen Mitteln“ unterdrücke. Die Personalentscheidung Himmlers entsprach den Wünschen Hitlers: Der Höhere SS- und Polizeiführer Richard Hildebrandt, der in Dorsten die humanistische Bildung erfuhr, war aus dem gewünschten Holz geschnitzt und entsprach dem Anforderungsprofil. Hildebrandts Entscheidungen, die er bis dann traf und später treffen sollte, beruhten auf den ideologischen und kriminellen Grundstrukturen des Nazi-Regimes. Ab 1940 war Hildebrandt ehrenamtlicher Beisitzender Richter am Volksgerichtshof und ließ sich 1942 auf eigenen Antrag wegen Arbeitsüberlastung entbinden. Er war zugleich Führer des SS-Oberabschnitts Weichsel, der die Allgemeine SS leitete, und Befehlshaber der Ordnungspolizei, Schutzpolizei, Gendarmerie und des SD war und somit auch großen Einfluss auf die Gestapo und Kriminalpolizei hatte. Neben dem Gauleiter Albert Forster war Richard Hildebrandt der mächtigste Mann im Reichsgau. Er trug die direkte Verantwortung für die Massenverbrechen, die dort vom deutschen „Selbstschutz“ und der SS begangen wurden.
Unbeherrscht und aufbrausend ohrfeigte er Himmlers Chefstatistiker
Richard Hildebrandt galt als unbeherrscht und aufbrausend. Er war ein „Gegner der vielen kleinen Hitlers“ (Heinz Höhne). Wegen einer Auseinandersetzung mit Franken-Gauleiter Julius Streicher war er schon mal von Himmler aller seiner Ämter enthoben worden, bekam sie aber wieder zurück. Ebenfalls stritt er später im Krieg mit Gauleiter Forster in Danzig und legte daraufhin seine Funktion als Höherer SS- und Polizeiführer nieder. Bei einem weiteren Kompetenzstreit mit Himmlers Hauptamtsstatistiker Dr. Korherr 1943 wurde Hildebrandt bei einer Besprechung sogar handgreiflich. Regierungsrat Korherr gab bei Himmler zu Protokoll: „Ich wollte weggehen, da sagte Obgrf. [Obergruppenführer] Hildebrandt noch: ,Ich verbitte mir jedenfalls Ihre Lümmeleien.’ Ich spontan darauf: ,Die Lümmelei ist bei Ihnen’, grüßte nochmals und machte kehrt zur Tür. Obgrf. Hildebrandt ging mir nach und versetzte mir zwei schallende Ohrfeigen, je eine auf die linke und auf die rechte Backe.“ – Himmler gelang es nur mit Mühe, Hildebrand eine lahme Entschuldigung für seinen geohrfeigten Statistiker abzuringen. Hildebrandt schrieb sodann an Himmler: „Ich bitte Sie gehorsamst dem Oberregierungsrat Dr. Korherr wegen des ihm zugefügten tätlichen Angriffs mein Bedauern zum Ausdruck zu bringen.“
Im Zweiten Weltkrieg viele Ämter und Funktionen
Hildebrandt war von Oktober 1939 bis April 1943 HSSPF von Danzig-Westpreußen und in Personalunion Führer des SS-Oberabschnitts Weichsel sowie in Danzig-Westpreußen Beauftragter des „Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkstums“. In der Funktion als Höherer SS- und Polizeiführer war er maßgeblich an der Deportation und Ermordung von Juden in diesem Gebiet und aus dem Baltikum verantwortlich. Auf seine Veranlassung wurde das KZ Stutthof bei Danzig errichtet. Im Januar 1942 erfolgte seine Beförderung zum SS-Obergruppenführer und General der Polizei. Verschiedentlich, zuletzt von April 1943 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, war er Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS, ab Dezember 1943 kommissarischer HSSPF „Schwarzes Meer“ und amtierte in Breslau ab Ende Februar 1945 als HSSPF „Südost“. Noch im April 1945 wurde er Höherer SS- und Polizeiführer „Böhmen und Mähren“ in Prag. Ausgezeichnet war Hildebrandt mit dem SS-Totenkopfring und dem Ehrendegen des Reichsführers-SS. Nachdem sich SS-Obergruppenführer Karl Wolff von Himmler abgewandt und im März 1945 in Italien die deutsche Kapitulation für Südwest unterzeichnet hatte, erwog Hildebrandt zusammen mit den SS-Obergruppenführern Felix Steiner und Curt von Gottberg den Plan, Hitler zu ermorden und damit dem Krieg ein Ende zu setzen. Doch daraus wurde nichts.
Der Prozess gegen das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS (RuSHA)
Die Amerikaner verhafteten Richard Hildebrandt am 24. Dezember 1945 in Wiesbaden-Biebrich, obwohl er unter falschem Namen untergetaucht war. Sie brachten ihn zuerst ins Internierungslager nach Regensburg und dann ins alliierte Militärgefängnis nach Nürnberg. Der Prozess gegen das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS war der achte von insgesamt zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Verantwortliche des Deutschen Reiches zur Zeit des Nationalsozialismus. Dieser Prozess befasste sich mit den Verbrechen in den annektierten Gebieten und der Vertreibung ihrer Bevölkerung. Alle drei an diesen Verbrechen beteiligten SS-Hauptämter bzw. deren Leiter wurden angeklagt. Mit Richard Hildebrandt waren es 14 hohe SS-Führer und Amtsleiter. Die Anklageschrift vom 1. Juli 1947 lautete auf 1) Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 2) Kriegsverbrechen und 3) Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation (SS). Präsident des Gerichts war Lee B. Wyatt, Richter am Obersten Gericht in Georgia/USA.
Die Urteile wurden am 10. März 1948 gesprochen. Ein Hauptangeklagter, SS-Obergruppenführer Ulrich Greifelt, wurde zum Tode verurteilt. Er starb kurz vor seiner Hinrichtung im Gefängnis Landsberg am Lech. Andere bekamen Gefängnisstrafen in einem Strafrahmen von 34 Monaten bis 25 Jahren. Es erfolgte auch ein Freispruch („Lebensborn“).
25 Jahre Gefängnis in Nürnberg und Auslieferung an Polen
Der ehemalige Dorstener Abiturient Richard Hildebrandt, Leiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes (RuSHA), erhielt 25 Jahren Gefängnis. Er wurde zudem in den Anklagepunkten der erzwungenen Schwangerschaftsabbrüche an Ostarbeiterinnen und der Verfolgung von sexuellen Beziehungen zwischen Zwangsarbeitern und Deutschen bis auf den Anklagepunkt „Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums“ schuldig gesprochen. Der Anklagepunkt „punishment for sexual intercourse, plunder and eracuations“ wurde zwar mitbehandelt, aber nicht mehr als eigener Anklagepunkt gewertet. Das Gericht entschied ferner, dass Euthanasie, vollstreckt an den Angehörigen des eigenen Staates und im Einklang mit den deutschen Gesetzen, kein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ darstelle. Hildebrandt wurde demzufolge für die Euthanasie-Morde 1939/40 in Danzig-Westpreußen nicht bestraft, wohl aber für die Entführung polnischer Kinder. Dies bewertete das Tribunal unter Lee B. Wyatt anders als das Tribunal, das im so genannten Ärzte-Prozess Ärzte wegen Verbrechen der Euthanasie verurteilte und Euthanasie als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verurteilte. Es fällt auf, dass Richard Hildebrandt keine lebenslange Haftstrafe erhielt, sondern stattdessen einer der leitenden Richter, Judge David T. O’Connell, sogar dafür plädierte, Hildebrandts Strafe von 25 auf 15 Jahre herabzusetzen. Der Historiker Ueberschär kommt in seinen Buch „Der Nationalsozialismus vor Gericht“ zu dem Schluss:
„Insgesamt zeigen die Anklagepunkte des Falles VIII und die gefälligen Urteile, dass die Beschuldigten vergleichsweise milde bestraft wurden. In den Nürnberger Verfahren zählte vor allem das ,Organisationsverbrechen’ im Sinne des Kontrollratsgesetzes Nr. 10. Die Hauptanklagepunkte ,Eins: Verbrechen gegen die Menschlichkeit’, ,Zwei: Kriegsverbrechen’ und ‚Drei: Mitgliedschaft in verbrecherischen Organisationen’ bildeten nur ein sehr grobes Werkzeug der Alliierten, um die verbrecherische Volkstumspolitik der Nationalsozialisten zu erfassen und gerichtlich zu beurteilen. Ebenso kritisch ist anzumerken, dass bei allen Verurteilten die Haftstrafen zügig herabgesetzt oder die Verurteilten sogar vorzeitig freigelassen wurden.“
Im Falle des Angeklagten Hildebrandt ordnete das Gericht seine Auslieferung an Polen an. Er hinterließ in Deutschland seine damals 45-jährige Frau Johanna, zwei Söhne (geb. 1932 und 1936 in Danzig, einer von ihnen hieß Wolfgang) und eine Tochter (geboren 1934 in Danzig).
Urteilsbegründung in Sachen Hildebrandt vom 10. März 1948 in Nürnberg (Originaltext, Auszug)
Durch umfangreiche Beweise ist jenseits jeden vernünftigen Zweifels erwiesen, dass der Angeklagte Hildebrandt aktiv beteiligt war an und strafrechtlich verantwortlich ist für folgende Straftaten: die Entführung von fremdländischen Kindern; Zwangsabtreibungen bei Ostarbeiterinnen; die rechtswidrige und ungerechte Bestrafung von ausländischen Staatsangehörigen wegen Geschlechtsverkehrs mit Deutschen; Behinderung der Fortpflanzung von Staatsangehörigen feindlicher Nationen; die zwangsweise Evakuierung und Wiederansiedlung von Bevölkerungen; die zwangsweise Germanisierung von Staatsbürgern feindlicher Nationen; und die Benutzung von Staatsbürgern feindlicher Nationen als Arbeitssklaven.
Hildebrandt wird als alleiniger Angeklagter wegen seiner besonderen Verantwortung für die und seine Beteiligung an der Vernichtung von Tausenden von deutschen Staatsbürgern auf der Grundlage des so genannten „Euthanasie-Programms“ beschuldigt. Es wird nicht der Standpunkt vertreten, dass dieses Programm, insoweit Hildebrandt damit in Verbindung gebracht werden könnte, sich auf ausländische Staatsbürger erstreckte. Jedoch legt die Anklagevertretung Wert auf die Feststellung, dass die Vernichtung deutscher Staatsbürger auf der Grundlage eines solchen Programms gleichwohl ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt; und zur Untermauerung dieses Arguments zitiert die Anklagevertretung das Urteil des International Military Tribunal sowie das Urteil im Fall Vereinigte Staaten von Amerika gg. Brandt, Case No. 1. Keine der beiden Entscheidungen stützt das Vorbringen der Anklagevertretung. Im Zusammenhang mit den Schuldsprüchen im Brandt-Urteil weist das Tribunal zum Beispiel ausdrücklich darauf hin, dass die Angeklagten durch ihre Beteiligung an diesem Programm verantwortlich waren für die Vernichtung von ausländischen Staatsbürgern. Das Tribunal stellt ausdrücklich fest:
„Ob ein Staat rechtswirksam eine Gesetzgebung erlassen kann, die bestimmten Gruppen ihrer Bürger Euthanasie auferlegen kann, ist gleichermaßen eine Frage, die nicht der juristischen Behandlung unterliegt. Im Falle, dass er das tut, ist die Völkerfamilie nicht gezwungen, eine solche Gesetzgebung anzuerkennen, wenn sie offenkundig gewöhnlichen Mord und Folter an wehrlosen und ohnmächtigen menschlichen Wesen legalisiert. […] Unser Standpunkt ist, dass Euthanasie, wenn sie auf der Grundlage einer staatlichen Gesetzgebung gegen Bürger nur dieses Staates ausgeübt wird, kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Dementsprechend wird der Angeklagte Hildebrandt unter Bezugnahme auf diesen speziellen Punkt der Anklage für strafrechtlich nicht verantwortlich befunden. Die Beweislage reicht nicht aus, diesen Angeklagten mit dem Anklagepunkt Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums in Verbindung zu bringen. Der Angeklagte wird für schuldig befunden hinsichtlich Punkt eins [Verbrechen gegen die Menschlichkeit] und zwei [Kriegsverbrechen].
Punkt drei der Anklage: Das Gericht befindet, dass der Angeklagte Hildebrandt Mitglied einer kriminellen Organisation war, nämlich der SS unter den Bedingungen, die durch das Urteil des International Military Tribunal definiert und näher beschrieben wurden, und er ist deshalb schuldig bezüglich Punkt drei der Anklage.
Nuremberg Military Tribunal, Volume 5, S. 161 f.”
(aus dem (Justiz-)Englischen übersetzt von Dr. Helmut Frenzel)
Prozess vor dem Appellationsgericht in Polen
Nach Hildebrandts Auslieferung stand er am 18. Oktober 1949 vor dem Appellationsgericht in Bydgoszcz. Angeklagt war er in der Hauptsache für Massenverbrechen in dem ihm unterstellten Gebiet, die von der SS, der Polizei, dem „Selbstschutz“ und dem „SS-Wachsturmbann Eimann“ begangen wurden. Das Kommando Eimann holte aus den Pflegeanstalten in Pommern und Danzig-Westpreußen rund 3.400 unheilbar „Geisteskranke“ und deportierte sie zur Tötung in das zentrale Polen und begleitete Judentransporte aus Wien und Pressburg in die Todeslager in Polen. Weiterer Anklagepunkt waren die Verbrechen im KZ Stutthof bei Danzig, das Hildebrandt nicht nur unterstellt war, sondern das er sogar ohne Anweisung Himmlers in vorauseilendem Gehorsam errichtet hatte. Die Frage, ob er sich gegen verbrecherische Befehle Himmlers hätte auflehnen können, stellte er sich vor dem polnischen Gericht selbst und beantwortete sie mit:
„Die Versuche, sich von Himmler abzugrenzen, brachten nichts. Darf man also einem SS-Mitglied imputieren, dass er sich, seine Frau und seine Kinder in größte Gefahr bringt, oder nicht? Das Gericht in Nürnberg hat, soweit ich es verstanden habe, den Standpunkt vertreten, dass man dies nicht fordern darf.“
Dann führte Hildebrandt aus, dass er „einmal in seiner Laufbahn“ 1932 sich aufgrund von Ungehorsam gefährdet gefühlt habe, als er für ganz Bayern die Anweisung erließ, dass sich kein SS-Mitglied an den Befehl von Julius Streicher gebunden fühlen müsste, den „Stürmer“ zu abonnieren, da das „Niveau dieser (antisemitischen) Zeitung zu niedrig“ gewesen sei. Streicher sei mit der Hundepeitsche auf ihn losgegangen und er habe zur Pistole gegriffen. Ein SS-Führer sei dazwischen gegangen. Streicher beschwerte sich bei Hitler und Himmler auch über Hildebrandts Bemerkung, mit der er sich angeblich auf seine Erziehung berief, die er im humanistischen Gymnasium Petrinum in Dorsten genossen hatte: „Ich kann es mit meiner humanistischen Erziehung und meinem Gewissen nicht vereinbaren, ähnlich schmutzige Presseorgane zu propagieren.“ Richard Hildebrandt wurde daraufhin aus seiner Stellung entlassen und erst wieder 1933 in Funktionen eingesetzt. Der polnische Historiker Witold Kulesza spricht von einer „Evolution der ästhetischen Gefühle“ bei Hildebrandt, der 1942 in Danzig anordnete, dass das gesamte Korps von SS-Führern und Polizei-Offizieren in „braunem Hemd und Reithose“ zur Filmvorführung „Der ewige Jude“ (antisemitischer Propaganda-Spielfilm, der sich mit den primitiven Veröffentlichungen im „Stürmer“ deckte) zu erscheinen habe.
Hitler und Himmler seien die Verräter der SS-Ideale gewesen
Den Vorwurf des Gerichts, in einer verbrecherischen Organisation tätig gewesen zu sein, wies Hildebrandt von sich. Zu den Umsiedlungsaktionen unter rassischen Gesichtspunkten glaubte Hildebrandt, so gab er vor Gericht zu Protokoll, dass die Allgemeine SS auf „das Bauernvolk mit dem Gedanken einwirken“ hätte können, dass die „Sanierung der Nation nur über das Dorf“ erfolgen könne. Daher sei es notwendig gewesen, die „Bevölkerung aus den Städten herauszuholen und sie mit der Bauernidee zu inspirieren“. Diese SS-Ideale seien aber von Hitler und Himmler verraten worden. Daher müsse Himmler angeklagt werden und nicht er. Hildebrandt vor Gericht: „Dieser Mensch, dessen jedes zweite, dritte Wort ,Treue’ war, entzog sich der Verantwortung durch einen feigen Selbstmord 1945.“
Hildebrandt nahm noch Stellung zu seiner Funktion als Höherer SS- und Polizeiführer (HSSPF): „Keine Macht, nur äußere Fassade.“ Der Historiker Kulesza: „Der Mangel an tatsächlicher Macht schloss nach der Überzeugung des Angeklagten seine Verantwortung für die ihm in der Anklageschrift zugeschriebenen Verbrechen aus.“ Im Anklagepunkt KZ Stutthof belasteten ihn Zeugen schwer. Einer sagte aus, dass Hildebrandt „der schlechteste von allen ist“, er, Hildebrandt habe bei einem Rundgang gesagt, dass das Essen zu schmackhaft sei, und dass sie nur ein Stück Brot für 16 Personen bekommen hätten. Hildebrandt dagegen sagte:
„Ich stelle fest, dass ich, immer wenn ich mich nach Stutthof aufmachte, eine entsprechende Aktenmappe bei mir hatte, und dass ich mich mit Bitten und Anträgen nach Berlin begab und […] intervenierte…“
Der Historiker Witold Kulesza kommt nach Studium der Gerichtsakten zu dem Schluss, dass Hildebrandt jegliche Verantwortung von sich wies und persönliche Schuld, nachgewiesen mit eigener Unterschrift auf Dokumenten, konsequent verneinte. Das Gericht deutete diese Belege nicht nur als „faktische Kompetenz“ des Angeklagten, sondern auch als Verantwortung. Dies wurde vom Appellationsgericht am 7. November 1949 ausführlich erläutert. Der Angeklagte Richard Hildebrandt wurde zum Tode verurteilt. Daraufhin legte er Revision beim Obersten Gericht ein. Am 25. November 1950 bestätigte das Oberste Gericht das Urteil und der polnische Staatspräsident Boleslaw Bierut wies das anschließende Gnadengesuch Hildebrandts ab. In dem vergeblichen Gnadengesuch schrieb Hildebrandt: „Ich kann bei meiner Ehre versichern, dass mein Gewissen rein ist“. Nur hatte der ehemalige Dorstener Abiturient zu diesem Zeitpunkt schon lange keine Ehre mehr. Und ob er ein Gewissen hatte, ist fraglich. Das Urteil wurde am 10. März 1951 im Gefängnis von Bydgoszcz durch Erhängen vollstreckt. Mit Richard Hildebrandt wurde am gleichen Tag im Gefängnis von Bydgoszcz der frühere SS-Oberführer und Polizeipräsident von Bromberg (Bydgosccz) und Danzig, Max Henze (52), gehenkt, der zuvor mit Hildebrandt zum Tode verurteilt worden war. Die Briten hatten Henze 1945 verhaftet, ihn in Recklinghausen und Hamburg interniert und aufgrund seiner Tätigkeit in Danzig an Polen ausgeliefert. Witold Kulesza würdigt den Prozess wie folgt:
„Eine Analyse der Gerichtsverfahrensakten begründet die Einschätzung, dass der Strafprozess gegen Richard Hildebrandt, auch aus heutiger Sicht, als ein Prozess beurteilt werden kann, der alle durch die Vorgaben des Rechtsstaates bestimmten Bedingungen erfüllte, obwohl der polnische Staat in der Zeit, als der Prozess stattfand, kein Rechtsstaat war.“
Große Skrupellosigkeit gepaart mit hoher Intellektualität
Richard Hildebrandt vereinigte das Bild eines „Mannes fürs Grobe“ mit demjenigen des ideologisch hoch motivierten SS-Generals. Er und der eingangs mit einem Briefauszug zitierte SS-General Dr. Harald Turner werden im Titel einer Studie des „Institutes of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi War Crime“ 1996 als „intellektuelle SS-Generäle“ bezeichnet, „die verantwortlich waren für die Ermordung der Juden in Jugoslawien und in Danzig 1941-43“. Ob sie wirklich intellektuell waren, sei dahingestellt. Allerdings vereinigten sich bei ihnen Intelligenz und Skrupellosigkeit, humanistische Bildung und Menschenverachtung. Beweis für Hildebrandts Skrupellosigkeit sind die Euthanasiemorde und das besonders kompromisslose Vorgehen des „Volksdeutschen Selbstschutzes“ unter Hildebrandts Verantwortung als oberster Polizeichef im Herbst 1939/40 in Danzig-Westpreußen. Richard Hildebrandt war fest davon überzeugt, dass die neuen Ostgaue nur durch den Aufbau einer „rassenreinen Gesellschaft“ zu germanisieren seien. Er war davon überzeugt, dass die Zukunft Deutschlands in der Dorfstruktur liege und die Stadtstruktur, an der Deutschland untergehe, schädlich sei. Daher rührten seine verbrecherischen Aktivitäten, die er bei den Zwangsumsiedlungen zeigte. Gegenüber seinem Chef Heinrich Himmler war er stets ein loyaler SS-Führer. Himmler schätzte Hildebrandts ideologische Verlässlichkeit und seinen harten Durchsetzungswillen. Dass Richard Hildebrandt bei den beiden Prozessen in Nürnberg und Bydgoszcz keine Schuld einsah und auf seine Ehre pochte, mag der psychischen Struktur der Situation geschuldet sein, Verbrechen dieses Ausmaßes eingestehen zu müssen. Dieses Verhalten ist bei vielen NS-Nachkriegsprozessen zu erkennen (siehe Hildebrandt, Familie; siehe Hildebrandt Ernst).
Epilog
Nachkriegs-Bundeskanzler Konrad Adenauer hegte auch Sympathien für die SS. Dies geht aus vielen Dokumenten zweifelsfrei hervor. So schrieb er im Oktober 1955 an den FDP-Abgeordneten General a. D. von Manteuffel, der sich, wie seine Fraktionskollegen, für die Angehörigen der SS-Verbände einsetzte:
„Ich weiß schon längst, dass die Soldaten der Waffen-SS anständige Leute waren. Aber solange wir nicht die Souveränität besitzen, geben die Sieger in dieser Frage allein den Ausschlag, so dass wir keine Handhabe besitzen, eine Rehabilitierung zu verlangen… Machen Sie einmal den Leuten deutlich, dass die Waffen-SS keine Juden erschossen hat, sondern als hervorragende Soldaten von den Sowjets gefürchtet war. […] gezeichnet: Dr. Konrad Adenauer, Bundeskanzler.“
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Weitere zwei Artikel über die Familie Hildebrandt und die Verstrickung anderer Söhne in den Nationalsozialismus und des Bruders von Richard Hildebrandt, Ernst, als hoher SS-Offizier in Massakern, lesen Sie online in Dorsten-unterm-Hakenkreuz (Link anbei). Ernst Hildebrandt und die anderen Brüder machte ebenfalls am Gymnasium Petrinum Abitur. Ernst wohnte auch nach dem Krieg wieder in Dorsten-Holsterhauseni, wo er entnazifiziert wurde:
Die Hildebrandts (!) – Eine nationalsozialistische Familie, die zeitweise in Dorsten lebte
Anmerkung: Es gibt zwei andere veröffentlichte Versionen über den Tod von Richard Hildebrandt. Nach Auslieferung an Polen hätten die Sowjets Hildebrandt übernommen und hingerichtet. In der 1953 erschienenen Schülerliste des Gymnasium Petrinum steht die kurze Anmerkung, dass der Petrinum-Schüler in Sibirien zu Tode gekommen sei. Beide Versionen sind hiermit widerlegt. Das Jahr 1952 wird auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen fälschlicherweise als Todesjahr angegeben. Richtig ist das Jahr 1951, wie aus den Gerichtsakten des Appellationsgerichts in Bydgoszcz hervorgeht; hier hat der Autor Witold Kulesza offensichtlich unbemerkt zwei unterschiedliche Todesjahre angegeben.
Höhere SS- und Polizeiführer (HSSPF): Mit Erlass vom 13. November 1937 geschaffene regionale Kommandos zur zusammenfassenden Führung aller Verbände von Ordnungs- und Sicherheitspolizei sowie der SS, im Krieg auch zuständig für die Festigung der politischen Verhältnisse in den besetzten Gebieten durch „geeignete Maßnahmen“ (Friedemann Bedürftig „Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg. Das Lexikon“, Piper 2002).
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Quellen: Adressbuch der Stadt Dorsten 1914. – Nach Wikipedia, Online-Enzyklopädie. – Heinz Höhne „Der Orden unterm Totenkopf“, C. Bertelsmann, München 1984. – Reichstagshandbuch Bd. 1933, IX Wahlperiode 1933, Berlin 1933. – Nuremberg Military Tribunal, Volume 5, S. 161. – „Law Reports Trials of War Criminals. United Nationen War Crimes Commission. Vol. XIII., London, HMSO 1949. – Johnpeter H. Grill „Richard Hildebrandt – Rassenplaner der SS“ in „Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe“, hg. von Ronald Smelser und Enrico Syring, Paderborn 2003. – Magister Tuviah Friedman „Die zwei intellektuellen SS-Generäle, die verantwortlich waren für die Ermordung der Juden in Jugoslawien und in Danzig 1941-1943. Eine Sammlung von Dokumenten“, Haifa/Israel 1996 (siehe untere Quellen-Anmerkung). – Gerd R. Ueberschär (Hg) „Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943 – 1952“, Fischer TB 1999. – Joachim Lilla (Bearb.) „Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1922-1945. Ein biografisches Handbuch unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924, Düsseldorf 2004. – Ernst Klee „Das Personenlexikon zum Dritten Reich“, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007. – Das Schülerverzeichnis des Petrinum von 1953 enthält den Eintrag: „Hildebrand, Richard, geb. 13. 3. 1897; (1916), wurde nach dem Nürnberger Prozess wieder an Polen ausgeliefert, wahrscheinlich in Sibirien“. – Eintrag in „Jubelfeier der Abiturienten des Dorstener Gymnasiums“ (1928): „Notreifeprüfung Sommer 1915 Hildebrandt, Richard, Geburt: Worms 13.3.1897, Bek.: e., Beruf: Kaufmann, Anschrift: Windsheim (Mfr.) Klosterplatz.“ – Ernst Maier „Biografisches Organisationshandbuch der NSDAP und ihrer Gliederungen im Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz“, Hase & Köhler, Mainz 2007. – Auskunft Dipl.-Archivarin Margit Rinke-Olbrisch vom Archiv der Stadt Worms vom Juli 2011. – Auskunft Standesamt Monsheim (Offstein) vom 19. Juli 2011. – Auskunft Michael Schlosser vom Stadtarchiv Windsheim vom 20. Juli 2011.
Quellen-Anmerkung: Als Quelle war die Manuskript-Studie „Die zwei intellektuellen SS-Generäle, die verantwortlich waren für die Ermordung der Juden in Jugoslawien und in Danzig 1941-1943“ des Institute of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi Wat Crimes“ in Haifa/Israel eine große Hilfe (besorgt von der Stadtbibliothek Dorsten im Fernleihverkehr). Magister Tuviah Friedman stellte in dieser Studie Dokumente aus den SS-Personalakten Richard Hildebrandts und seines SS-Amtskollegen und Duz-Freundes Dr. Harald Turner zusammen und versah die Zusammenstellung mit teils kommentierenden Texten. – Unabhängig davon, ob die beiden tatsächlich „intellektuell“ waren, was in der Studie zwar steht, nicht aber dargelegt wird, sei eine Bemerkung gestattet. Der Autor schrieb bei Hildebrandt, dass er 1948 für seine Deportationsmaßnahmen zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Das ist richtig. Nachweislich falsch ist aber in diesem Zusammenhang seine in Klammern gesetzte Anmerkung „Deportationsmaßnahmen (hauptsächlich von Juden)“. Hildebrandt wurde wegen der Deportation von nichtdeutschen Euthanasieopfern aus Irrenanstalten im Danziger Gebiet in die Todeslager nach Polen verurteilt. Natürlich war er auch für die Deportation der Juden aus den ihm unterstellten Gebieten verantwortlich, was aber im 8. Prozess in Nürnberg 1948 nicht im Vordergrund der Verhandlung stand. Verhandelt wurde dieser Punkt in Polen. Ein für eine wissenschaftliche Arbeit fundamentaler Fehler ist es aber, dass Friedman in dem von ihm genannten Urteil die Auslieferung Hildebrandts an Polen und den dortigen Prozess mit Todesurteil und Vollstreckung unerwähnt lässt. Vielmehr schrieb er fälschlicherweise auf Seite 9 (Lebenslaufs des Verurteilten): „Hildebrandt wurde am 10. 3. 1948 wegen seiner Verantwortung für Deportationsmaßnahmen zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt und Anfang 1955 aus der Haft entlassen.“
Gdzie wykonano wyrok śmierci na zbrodniarzu ?
Tu podana jest Bydgoszcz natomiast w Gedanopedii https://gedanopedia.pl/
podany jest areszt śledczy w Gdańsku.
Pozdrawiam
Ihren Beitrag über Richard Hildebrandt finde ich sehr gut, sodass auch einmal für viele in Dorsten klar wird, dass es hier zu Kriegszeiten nicht nur Opfer, sondern auch Täter gelebt haben! Insbesondere die Einstellung von Adenauer zur damaligen Waffen- SS!
Sind es nicht heutzutage die jeningen, die Adenauer als Ihr politisches Vorbild nennen, die Ständig unbescholtene politisch interessierte Bürger unseres Landes als Nazi beschimpfen und selber, wenn es um Ihre politischen Wurzeln geht liebend gerne wegschauen! In Dorsten redet man gerne von Respekt und Toleranz und ruft Bürger dieser Stadt zu einer Lichterkette auf! Erst einmal den Dreck vor der eigenen Tür beseitigen, bevor die Dorstener CDU mit Steinen im Glashaus schmeißt…
Die geraden laufenden Episoden im ZDF zeigen fikiv die privaten Schicksale in der furchtbaren Zeit. – Was mich beim Lesen des Artikels erschüttert hat, sind die einleiten entsetzlichen Zeilen. Keine Fiktion, sondern Realität! Es ist unfassbar, stimmt mich traurig und wütend zugleich. “Große Skrupellosigkeit gepaart mit hoher Intellektualität” – das war die gefährliche, todbringende Mischung für Millionen, die im zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren. Genau diejengen, die auf der “Managerebene” des Dritten Reiches ihr entsetzliches Werk vollbrachten. – Es gilt auch heute, wachsam gegen politische Auswüchse zu sein.
Der Recherche großes Lob – wenngleich ich den Epilog als überflüssig empfinde.