1. März 2019. – Rückblick und Gegenwart. Über die Vergangenheit des Einkaufszentrums „Mercaden“ am Lippetor wurde in den letzten Jahren viel gesagt und veröffentlicht. In den Printmedien eigentlich nur Gutes. Zeichnungen zeigten Sonnenschirme und gläserne Durchgänge zum Wasser. Von „Dorsten am Wasser“ war die Rede vor allem im Rathaus. Mercaden als Anziehungspunkt für die Menschen in den entlegenen Stadtteilen, die doch ihre eigene Nahversorgung haben, sowie für die Bewohner der umliegenden Städte werde die Innenstadt beleben, hieß es unisono von den Sprechern der Kaufmannschaft und aus der Chefetage des Rathauses, wiedergegeben in den Medien wie die Aussage des damaligen Bürgermeister Lambert Lütkenhorst am 19. November 2015: „Die Mercaden beleben die Innenstadt und werden ganz sicher ein Erfolgsmodell.“
Belegt wurde das Funktionieren des Einkaufszentrums mit Zahlen über Bewohner des Kreises Recklinghausen, über Kaufkraft und Kundenströme. Doch diese konnten schon damals der Realität nicht standhalten. Wollte sich da ein Bürgermeister ein Denkmal setzen? Das hörte man bei einer öffentlichen Anhörung von gerade mal einer Handvoll kritischer Stimmen. Den Gedanken aufnehmend: Ja, der damals amtierende Bürgermeister hat sein Denkmal bekommen. Kein strahlendes, wohlgemerkt, das da als „Highlight“ 2016 eröffnet wurde. „Total begeistert“ und „überraschend gut“ titelte die Lokalzeitung am 30. August 2016. Der Entwickler Herbert Krämer hat sein 60-Millionen-Projekt, finanziert von der Hessisch-Thüringischen Landesbank, in den Sand gesetzt, das Projektmanagement hat er inzwischen verloren, wie auch bei seinem Vorzeige-Projekt in Bergisch-Gladbach und neuerdings beim ebenfalls neu errichteten Mercaden Böblingen. In Dorsten machten schon kurz nach der Eröffnung die ersten Betriebe wegen schlechter Geschäfte zu. Von acht gastronomischen Betrieben, die Kunden zum Verweilen einladen sollten, sind gerade mal drei übriggeblieben. Zu wenig Umsatz. Weitere Händler schlossen ihre Rollläden. Ein Modegeschäft ist in die Essener Straße umgezogen und erhofft sich dort bessere Umsätze, wie zu hören war.
Blick von der traurigen Gegenwart in die Zukunft von Mercaden
Um über die Zukunft des darnieder liegenden Mercaden zu informieren, lud auf Initiative der „Dorstener Zeitung“ Mitte Februar 2019 der Hamburger Center-Spezialist „Koprian iQ“ zu einer Informationsveranstaltung ein. An die 100 geladene Besucher fanden sich ein. Vor dieser illustren Kulisse, darunter auch Bürgermeister Stockhoff und andere aus der Chefetage des Rathauses und den Ratsfraktionen, stellte der Senior des Unternehmens, Helmut Koprian, in großväterlicher Betulichkeit die von der Landesbank bereits genehmigte Umbauplanung vor. Er ließ es sich nicht nehmen, die gespannt zuhörenden Dorstener beispielsweise über die technische Funktion von Rolltreppen zu informieren, auch darüber, dass der Kanal vorbeifließe und die Nordseite des Gebäudes bei Sonnenschein im Schatten liege. Nach der Begrüßung Helmut Koprians sprach auch Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff Grußworte. Im Gleichklang mit Koprian warf er in direkter und eindringlicher Ansprache den Anwesenden vor – und meinte damit alle Dorstener –, dass es an „ihnen gelegen habe“, wenn der Einkaufstempel nicht erfolgreich sei, denn „sie“ seien es doch, die hier hätten einkaufen müssen und nicht woanders und auch nicht im Internet. Die Aufforderung von Stockhoff und Koprian zielte insbesondere auf die Zukunft des Mercaden nach dem Umbau. Dieser beginnt nach Ostern, dauert etwa 15 Monate und kostet rund sechs Millionen Euro.
Durch den Umbau wird Mercaden innenarchitektonisch aufgewertet
Über den Umbau informierte Helmut Koprian ausführlich an Hand von Schaubildern. Das Erdgeschoss und die Zwischendecke zum Obergeschoss werden umgebaut. Die Licht-verhältnisse werden verbessert und in der Mitte des Erdgeschosses soll ein neun Meter langer Brunnen mit mehreren Spritz-Fontänen die Besucher erfreuen wie auch gemütliche Sitzecken, Grünpflanzen und eine ansprechende Innenarchitektur. Dazu gehören auch neue Rolltreppen mit besucherfreundlicher Ausrichtung. Die Geschäftslokale, die wie nebeneinander liegende Garagen aussehen, sollen grundlegend neu und attraktiv gestaltet werden. Diese Pläne wurden von den Zuhörern mit Applaus quittiert. Sie konnten sich davon überzeugen, dass das Mercaden durch den Umbau innenarchitektonisch aufgewertet und jedenfalls von der Gestaltung deutlich an Attraktivität gewinnen wird.
Koprian: Mercaden wird nur mit täglich 12.000 Kunden funktionieren
In einer Fragerunde kamen dann die Zuhörer zu Wort. Da wurde dann auch die Toilettenanlage im 2. Stockwerk kritisiert. Was aber die Zuhörer in Mehrheit sicherlich mehr interessiert hätte, war die Frage: Wie will Koprian neue Betriebe gewinnen, die das Wagnis auf sich nehmen und sich in ein bereits negativ vorbelastetes Einkaufszentrum langfristig einmieten? Darüber war nichts zu erfahren. Helmut Koprian hatte gleich zu Beginn der Veranstaltung gesagt, dass es aktuell sehr schwierig sei, Mieter zu finden. Die Bekleidungsbranche steckt in der Krise und das Internet bereitet dem stationären Einzelhandel immer größere Schwierigkeiten. Daher der oben bereits erwähnte Appell noch einmal zum Schluss, man solle doch das Projekt Mercaden unterstützen, dort einkaufen und nicht woanders. An eine generelle Verkleinerung des Mercaden, was Zuhörer forderten, werde nicht gedacht. Die Zuhörer mögen sich trotz der Kaufappelle gefragt haben, woher denn die Menschen kommen sollen, die ihre Kaufkraft in das Einkaufszentrum stecken. Darüber war nichts zu hören. Schulterzucken des Seniorchefs, der noch mit Zahlen informierte, die einige der Zuhörer verwundert haben mochten: Die Mercaden benötigten täglich rund 12.000 Kunden. Helmut Koprian: „Wochentags kommen derzeit nur 7000 bis 9000 Kunden.“ Vorausgesetzt diese Zahlen sind richtig, dann verlaufen sich die 9000 Kunden täglich bis zum Unsichtbaren. Wohlgemerkt, es ist von „Kunden“ die Rede, nicht von Besuchern.
Nach dem Umbau in 15 Monaten werden die Mercaden vermutlich von allen Seiten wieder gelobt werden. Das war auch bei der Eröffnung vor drei Jahren so. Es bleiben viele Fragen offen. Man darf gespannt sein, wie es trotz der zu erwartenden Lobeshymnen weitergeht und wie lange es weitergehen wird – im zweiten Anlauf.
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Die Trostlosigkeit, Unwirtlichkeit wuchert wie ein Krebsgeschwür und krallt sich in die einst liebenswerten, lebendigen Dörfer, die Dorsten leider einkassierte. Ein Beispiel? Gestern bei schönem Wetter, eine Radtour durch die Herrlichkeit, Erle, Rhade, Lembeck, Deuten und zurück über Rhade. Der Rhader Kirchplatz – trostlos, öde, kein Mensch weit und breit. (Einst fuhren wir von Erle zum wöchentlichen Einkauf nach Rhade, um bei Hermine unseren Lebensmitteleinkauf für die Woche zu machen; immer freundlich bedient von der lieben Frau Hinsken, eine kleine Süßigkeit für die Kinder, ein Pröatken mit den Menschen, die einkauften und gern verweilten – und verweilen durften! Gibt es heute auch nicht mehr in Rhade.) Dann, weiter, eine schöne Überraschung; draußen, vor der Tür der Gastwirtschaft Nienhaus sieht man viele Fahrräder und Menschen, gemütlich beim Kaffee, beim Bier. Sie lachen, haben Spaß. Ein Verdienst der Gastwirte! Die Gaststätte ist geblieben, was sie war und vor allem heute ist – das warme, pochende Dorfherz.
Es ist schon traurig, was die Dorstener Lokalpolitiker aus dieser einst liebenswerten gemütlichen Innenstadt machten. Es gibt inzwischen gar keinen Grund mehr, nach Dorsten zu fahren. Schon gar nicht ins das Mercaden.
Ich bin als Kind in Dorsten aufgewachsen, Dorsten war immer meine geliebte Stadt.
Aber das ist schon lange vorbei, Dorsten ist eine tote Stadt. Ich persönlich komme nicht mehr gerne nach Dorsten. Es fehlt einfach an Atmosphäre und Attraktivität. Schaut man in andere Städte, z.b. Gladbeck, kann man den Unterschied spüren und fühlen. Die Stadt ist voll, dort ist Leben. Ich habe das Gefühl die Leute sind gerne in ihrer Stadt. Ich glaube auch das viele Dorstener gar nicht mehr in ihrer eigenen Stadt einkaufen gehen, wenn es nicht gerade Lebensmittel sind. Zu unattraktiv ist Dorsten. Wenn man mal nach Gladbeck schaut, die Leute sitzen bei schönen Wetter draußen weil es viele Angebote gibt.
Wenn es in Dorsten das Extrablatt nicht geben würde dann wäre überhaupt nichts mehr da. Ich glaube das viele Bürger ihre Stadt nicht mehr Attraktiv finden und dann lieber nach Essen oder halt Gladbeck fahren. Für mich ist Dorsten eine leblose Stadt und die Mercaden haben daran nichts geändert…
Vielleicht sind ja auch die Mieten zu hoch!
Wenn es keine Geschäfte in den Mercaden gibt, hilft es auch nicht, einen Springbrunnen zu bauen oder die Ausrichtung der Rolltreppe zu ändern. Dadurch kommen nicht mehr Kunden!
Ich lasse mich auch nicht gerne von Fachleuten und Politikern beschimpfen, dass ich an der Misére schuld bin, weil ich im Internet einkaufe. In welcher Welt leben die Zwei denn? Ich gehe gerne in den Mercaden shoppen, und würde mich über jedes neue Geschäft oder Restaurant freuen, aber bitte kein weiteres Nagelstudio. Ich weiß nicht, was die Stadt zu den geplanten Investitionsmaßnahmen beitragen wird oder muss, aber vielleicht könnte man auch ein paar Euros dafür abzwacken, den Parkplatz im Lippetal auch wieder für Nicht-SUVs befahrbar zu machen. Gern geschehen und vielen Dank im Voraus.
Für wie dumm halten die Entscheider die Menschen? Mit drohenden Untergangsszenarien soll den bösen Nichtkäufern etwa ein schlechtes Gewissen gemacht werden? Wer hat diesen hässlichen Klotz zu verantworten? Warum ist die Sicht aufs Wasser nicht als Chance aufgegriffen worden? Wer kümmert sich um die verbliebenen Einzelhändler, Gastronomen, solange es sie noch gibt. Dorsten ist eine trostlose Stadt. Mit wichtigtuerischem Gehabe, für die Akteure selbstverständlich ohne Risiko, kann gut gefordert werden. Auf die nächste Pleite dieses unsäglichen Gebildes darf man warten. Wer zeichnet dafür verantwortlich, dass eine einstmals sympathische kleine Hansestadt an der Lippe sich zu solch einem nichtssagenden Etwas entwickelte.