13. Juni 2022. – Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW in Münster vom 17. Mai 2022 sind in vielen NRW-Kommunen die Abwassergebühren seit Jahren zu hoch. Der Bund der Steuerzahler NRW fordert daher, dass die betroffenen Kommunen allen Bürgern die Gebühren der vergangenen vier Jahre erstatten und nicht nur denjenigen, die rechtzeitig Rechtsmittel eingelegt hatten. Nach geltendem Recht bekommen nur diejenigen Bürgerinnen und Bürger Geld zurück, deren Abwassergebührenbescheide durch eingelegte Rechtsmittel (Widerspruch, Klage) noch nicht bestandskräftig sind. Das reicht dem Bund der Steuerzahler NRW aber nicht. Er fordert die betroffenen Kommunen jetzt auf, allen Bürgern die zu viel gezahlten Gebühren zurückzuerstatten, und zwar für die vergangenen vier Jahre. „Das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Verwaltung“, so der Bund der Steuerzahler, „wird nachhaltig erschüttert, wenn die betroffenen Kommunen sich jetzt nicht bürgerfreundlich verhalten.“
Das Oberverwaltungsgericht NRW hatte klargestellt, dass Abwassergebühren dazu da sind, die kommunale Abwasserbeseitigung sicherzustellen – und nicht, auf Kosten der Gebührenzahler satte Gewinne abzuschöpfen. Ein vom Bund der Steuerzahler NRW unterstütztes Musterverfahren bezog sich auf die Klage eines Gebührenzahlers aus Oer-Erkenschwick, der die Abwassergebühren der Stadt für zu hoch hielt. Nach der Entscheidung des OVG NRW ist sein Bescheid für das Jahr 2017 über rund 600 Euro rund 18 Prozent zu hoch. So darf der Zinssatz nicht bei 6,52 Prozent, sondern nur bei 2,42 Prozent liegen.
Die Entscheidung bedeutet, dass jetzt alle Kommunen, die ihren kalkulatorischen Zinssatz aus dem Durchschnitt der vergangenen 50 Jahre berechnet und zusätzlich einen Aufschlag genommen haben, den Zinssatz neu berechnen müssen.
Dorsten hat stets auch zu viel Abwassergebühren verlangt
Und wie ist es in Dorsten? Die Dorstener Stadtverwaltung zeigte sich vom Urteil des Verwaltungsgerichts NRW zur kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung überrascht. Dorsten und seine Abwassergebühren-Berechnung seien von dem Richterspruch ebenso betroffen wie vermutlich sämtliche Kommunen in NRW, heißt es in einer Antwort der Pressestelle auf eine Anfrage der „Dorstener Zeitung“. Überrascht hätte sich die Stadtverwaltung eigentlich nicht zeigen dürfen, wenn ihre Vertreter in Verwaltung und Politik die Artikel im Online-Magazin „Dorsten-transparent“ gelesen und sich mit den Inhalten und Aussagen auseinandergesetzt hätten. Bereits seit 2012 wies Frenzel, Mitherausgeber des Magazins, in etlichen Artikeln öffentlich auf zu hohe Abwassergebühren in der Stadt Dorsten hin, was jetzt gerichtlich bestätigt wurde. Allein schon die Überschriften informieren den Leser über die andauernde Ungerechtigkeit, mit der die Stadt ihren Bürgern über die Abwasserkosten das Geld aus dem Portemonnaie zog. Hier eine Auswahl, die durch Anklicken geöffnet werden können:
„Abwassergebühren zur Sanierung des städtischen Haushalts missbraucht“ (1. Sept. 2012).
„Bund der Steuerzahler zu Abwassergebühren“ (1. September 2012).
„Mehr als die Hälfte der Abwassergebühren versickert im städtischen Haushaltsloch“ (1. Dezember 2012).
„Die Abwasser-Lüge – Wie die Verwaltung die Bürger bei den Abwassergebühren täuscht“ (1. Dezember 2012).
„Lehrstunde über Ausschussarbeit. Wie der Bauausschuss mit dem Budget 2015 für den Bereich Abwasserbeseitigung und den Fragen eines Bürgers dazu umgeht“ (14. November 2014).
„Bauausschuss 2. Teil: Wie der hoch rentable Bereich der Abwasserbeseitigung den Weg der Stadt in die Überschuldung befördert hat“ (19. Dezember 2014).
„Gelddruckmaschine Abwasserbeseitigung – Kalkulatorische Zinsen auf Eigenkapital, aber keine Zinsen für Zwangskredit der Bürger“ (11. Januar 2019).
Thema wird in nächsten Haupt- und Finanzausschuss behandelt
Bis zum Urteil, so zitiert die Lokalzeitung die Stadt weiter, sei die in Dorsten gepflegte Gebührenberechnung rechtskonform gewesen und seit den 1990er-Jahren stets vom OVG bestätigt worden. „Wie dieser unerwartete Paradigmenwechsel begründet wird, wird allerdings erst dem schriftlichen Urteil des OVG Münster zu entnehmen sein. Bis dieses vorliegt, wird sicher noch einige Zeit vergehen“, heißt es in der Pressemitteilung der Stadt. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 15. Juni steht das Thema „Abwasser-Gebühren“ auf der Tagesordnung.
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