Von Wolf Stegemann
Die abc-Gesellschaft wurde 1984 in Dorsten durch den Verleger Franz-Josef Kuhn (Spectra-Lehr- und Lernmittel-Verlag, Wulfen) und andere gegründet für die Erwachsenen – Alphabetisierung, Lehrerfortbildung und den Schulbau in Südamerika, Asien und derzeit in Afrika.
Ende 2021 werden es mit den Bauten in Ecuador, Nepal und Sri Lanka 44 Schulen für über 20.000 Schüler sein, davon 34 in Malawi. Der Tätigkeitsbericht der letzten Jahre gibt Auskunft über die großen Erfolge der abc-Gesellschaft, aber auch über ihre Probleme, die sie mit der Regierungsbürokratie in Deutschland hat. Im Jahr 2018 konnten die abc-Gesellschaft in Malawi drei neue Schulen bauen, 2019 waren es sechs Schulen und sieben im Jahr 2020. Zudem wurden die in diesen drei Jahren 16 Schulen mit Möbeln für Schüler und Lehrer, und mit Schulbüchern ausgestattet. „2021 feiern wir einen Rekord unserer Bautätigkeit mit acht schulischen Einrichtungen“, so der Vorsitzende Kuhn. Bereits von März bis August 2021 wurden sechs Schulen gebaut und ausgestattet. Mitte August begann der Bau einer Secondaryschool (Hauptschule) und einer Preschool (Vorschule) in der Nähe der beiden der gebauten Primaries im Distrikt Salima. Dort entsteht ein beispielhaftes Schulzentrum für Malawi mit Preschool, zwei Primar- und einer Sekundarschule. Ende des Jahres 2021 wird die abc-Gesellschaft in Malawi von den 34 Schulen 23 Primaries (Grundschule), 9 Secondaries und 2 Preschools gebaut, eingerichtet und ausgestattet haben. Franz-Josef Kuhn, Vorsitzender der abc-Gesellschaft: „Oft wurde durch die Schulbauten die Entwicklung der Dörfer gefördert. Es entstehen kleine Geschäfte. Hinzu kommen Engagements von anderen Stiftungen. Viele Menschen sind an die neuen Schulorte gezogen, bzw. haben sich ihre Hütten und Häuser gebaut.“
Zu den Schulgebäuden kommen noch Lehrerhäuser, Wasserpumpen u. a.
Zu den zusätzlichen Leistungen der abc-Gesellschaft gehören der Bau von 21 Lehrerhäusern für 42 Lehrerfamilien, Koch- und Waschplätze, 12 Brunnen, Wasserleitungen und Stromanschlüsse, zehn Solaranlagen für Schulen und z. T auch für Lehrerhäuser. Im Ort Khancha, in dem die abc-Gesellschaft eine Primary und eine Secondary bauen konnten, wurden allen 241 Familien Wasser-Filter-Pumpen (Foto) übergeben und deren Einsatz erklärt. Damit werden alle Bakterien, Schwebstoffe, Parasiten aus dem trüben Wasser herausgefiltert. Auch das ist ein beispielhafter Einsatz für Malawi und besonders wichtig in Corona-Zeiten wegen der Gefahr von Mehrfachinfektionen, also Ruhr oder Typhus plus Corona. Für 30 Waisenkinder konnte die Gesellschaft mit Patenschaften das Schulgeld für die gesamte Sekundarschulzeit von vier Jahren in Limbe bezahlen. Für 8000 Euro wurden Außenspiel- und Sportgeräte für das Schulzentrum in Mpemba beschafft. Zudem konnten 250 Solarlampen den Schülern geschenkt, Ziegen und Hühner gekauft und deren Ställe gebaut werden. Für die Eltern der Schüler in Salima hat die abc-Gesellschaft Nahrungsmittel und Saatgut in Höhe von 10.000 Euro geliefert. Denn Corona verhindert Tageslohn der Tagelöhner. Zudem hat die Gesellschaft Mangoplantagen anlegen lassen.
Mit dem Projekt „one child – one tree“ 4200 Bäume gepflanzt
Das bei einer Schule angefangene Projekt „one child – one tree“ entwickelte sich zum Wunsch anderer Schulen. Inzwischen gibt es jetzt schon sechs Plantagen mit jeweils 700 Bäumen. In Chambala kaufte die abc-Gesellschaft drei Morgen Land, um Gemüse für die Schulküche zu ziehen. Für mehrere Schulleiter konnten Laptops, Router und Drucker beschafft werden, für manche Schulen auch Physikgeräte. Zwei Schulleitern wurden sogar Fahrräder gekauft, damit sie ihren täglichen 10 km-Weg zur Schule zurücklegen können. Wichtig war auch die Beschaffung von Rollstühlen und Kleidung für zwei gelähmte Jungen. Franz-Josef Kuhn: „Der Familie eines Jungen haben wir seit drei Jahren alle drei Monate 150 Dollar geschickt. Damit haben sie einen kleinen Tante Emma-Laden, eine Grocery (Lebensmittelgeschäft), aufgebaut. So haben sie sich eine bescheidene Existenz geschaffen und die Dorfbewohner müssen nicht mehr den weiten Weg in das größere Dorf zum Einkaufen machen – für das Wenige was sie kaufen können.“ Dem 2. Jungen wurde mit dem Rollstuhl auch Kleidung gekauft; er besaß nur, was er auf dem Leib trug. Auch wurden Musikinstrumente für eine Schülerband und einer Musikschule beschafft. Zudem wurden viele Pakete mit Schreibmaterial, Kladden, Heften, Buntstiften und Lehrermaterial bis jeweils 3000 Euro geliefert. Der Westermann-Verlag spendete über die abc-Gesellschaft 18 Afrika-Wandkarten.
Abweisung der abc-Stiftung durch den Afrika-Beauftragten
Für spezielle Projekte der Aus- und Weiterbildung im Naturwissenschaft- und Technikbereich suchte die abc-Gesellschaft Kontakte und Unterstützung der zuständigen deutschen Regierungsstellen. Dazu Kuhn: „Ich habe alles versucht, in Berlin beim Entwicklungsministerium, beim Kanzleramt, bei der GTZ in Bonn… Schlimme Erfahrungen habe ich gemacht mit Herrn Nooke, dem Afrika-Beauftragten der Bundeskanzlerin Merkel. Ich hatte ihn zweimal um einen Termin gebeten – keine Antwort. Beim 3. Mal kam eine Antwort vom Assistenten, Nooke habe keine Zeit, ich solle mich an die GIZ wenden.“
Als die „Aurora-Stiftung“ aus Armenien, die international sehr aktiv ist, besonders mit Schulen, die ihre hochbegabten Schüler aus vielen Ländern in ihren Internatsschulen fördert, Kuhn zu ihrem Symposion nach Berlin eingeladen hatte, traf er zufällig auf den Afrika-Beauftragten Nooke. Franz-Josef Kuhn sprach ihn wegen des Anliegens und eines Termins an. „Er ließ mich einfach stehen, er habe keine Zeit dafür.“
Abends saß Kuhn mit der ehemaligen Präsidentin Mary Robinson aus Irland und dem britischen Journalisten, der der Conferencier der Veranstaltung war, am Dreier-Tisch. Sie waren sehr angetan von dem, was die abc-Gesellschaft macht und Kuhn erzählte von seinem NaSCab-Anliegen. Die Idee war, den 842 Sekundarschulen im Lande einen NaSCab (Schrank mit naturwissenschaftlichem Lehrmaterial) zu bringen und dies mit entsprechender Fortbildung via Lehrer-Wander-Akademie zu begleiten.
„Das wird sich realisieren lassen!“, hieß es. Am andern Tag, während der hochkarätig besetzten Gesprächsveranstaltung, z. B. mit dem französischen Außenminister Bernard Kouchner, Mary Robinson und eben auch mit Nooke, wurde Kuhn aufgefordert, sein Anliegen zu skizzieren. Nooke meinte danach, Kuhn kann damit zur Gesellschaft für internationale Zusammenarbeut (GIZ) gehen, da wird ihm geholfen. Das Thema war erledigt. Franz-Josef Kuhn: „So bin ich mit dem außerordentlichen, angepassten, zielgenauen Projekt gescheitert.“
Besuch des malawischen Außenministers bei Kuhn in Essen
Im Oktober 2018 hatte der Außenminister und Minister für Internationale Kooperation Prof. Dr. Emmanuel Fabiano ihn für drei Tage in Essen besucht. Er war vorher Minister für Education and Science, davor Rektor der Malawi-Universität. Eva-Maria Clasen, Kassiererin der abc-Gesellschaft, und Franz-Josef Kuhn, hatten ihn im VIP-Bereich des Düsseldorfer Flughafens abgeholt und ihn zur den Studenten der Uni Köln, die die Bücher-Börse-Köln betreiben und die abc-Gesellschaft begünstigt haben, gebracht. Anschließend gab es den Dreisprung Kölner Dom, Museum Ludwig, und Kölsch bei Josef Früh in der Uralt-Brauerei. In Essen wurden ihm Bergbau-Sehenswürdigkeiten gezeigt. Am 3. Tag seines Aufenthaltes fuhren Kuhn und Minister Fabiano mit dem malawischen Botschafter nach Stuttgart zur Firma „Festo Didactic“. Der Vorstand stellte ihnen die technischen Entwicklungen und digital gesteuerte Systeme vor, besonders im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Kuhn diskutierte und verhandelte danach mit Festo-Experten mehrfach mit dem Ergebnis, dass daraus der Plan entstand, drei Mobile Training Labs für Malawi herzustellen. Jeweils 18 Leute konnten in jedem Container zum Beispiel zum Thema Wasserwirtschaft, Stromerzeugung, Recycling, Industrietechnik aktiv trainiert werden. Minister Fabiano hatte die Pläne seinen Minister-Kollegen und dem Präsidenten vorgestellt. Der Erfolg war durchschlagend. Bundesminister Gerd Müller besuchte Malawi und wurde über das Projekt informiert. Er empfahl, dass eine deutsche nicht regierungsabhängige Organisation (NGO) die Sache weiter entwickeln, vorantreiben und den Antrag auf Finanzierung beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) oder bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit stellen sollte.
Wieder lehnte ein Afrika-Beauftragter des BMZ jegliche Hilfe ab
Im April 2019 kam die Einladung zur Audienz beim Präsidenten der Republik Malawi Prof. Peter Mutharika. Der deutsche Botschafter, zwei Festo-Experten und Kuhn wurden im Präsidenten-Palast empfangen. Dabei waren auch vier malawische Minister und vier Direktoren. Nach zweistündigem Vorstellen, Präsentieren und Beraten wurde das Projekt mit großer Dringlichkeit auf den Weg gebracht. Die malawische Regierung. war bereit, ihren verlangten Part zu übernehmen. Jetzt war wieder die Arbeit Kuhns gefragt. Das heißt, wie er sagte: „Ich musste Klinken putzen!“ Er setzte alles daran, mit anerkannten Berufs-Beratern und den Festo-Managern, das Projekt beim BMZ, der GIZ oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziert zu bekommen. Nach vielen Anläufen kam die Antwort vom BMZ: „Sachleistungen finanzieren wir nicht!“
Sturmflut in Malawi: abc-Gesellschaft half beim Wiederaufbau
Im März 2019 wütete in Mosambik und Malawi Idai, eine gewaltige Sturm- und Regenflut mit vielen Toten und Obdachlosen. In Mpemba, dem Ort des 1. Schulzentrums der abc, wurden 76 Häuser völlig weggeschwemmt. All ihre bescheidene Habe hatten die Familien verloren. Es gibt dort keine Versicherung und keine staatliche Hilfe, keine Ersparnisse! Die abc-Gesellschaft konnte Hilfe leisten mit 760 Zentnern Zement, 80 Zentnern Mais und 80 großen Wolldecken. Das heißt, jede Familie bekam 10 Zentner Zement für den Wiederaufbau der 76 Häuser und 1 Zentner Mais zur Überbrückung der ersten Wochen. Für die Decken waren sie besonders dankbar. Sie mussten ohne sie auf den nassen Lehmboden schlafen. Das Formen und Brennen der Backsteine für den Hausbau war ein Gemeinschaftswerk der Bewohner.
35. Jahrestag der Gesellschaft: 35 Mangobäumchen gepflanzt
Im Jahre 2019 konnte die abc-Gesellschaft ihren 35. Jahrestag der Gründung begehen. In Mpemba pflanzten Eva-Maria Clasen und Franz-Josef Kuhn im Herbst 2019 mit Hilfe von Anwohnern 35 Mangobäumchen – für jedes Jahr des Bestehens der in Dorsten gegründeten abc-Gesellschaft ein Bäumchen! „Ich erinnere mich noch gut an das volle Haus vom Spectra-Verlag am Südwall in Dorsten“, so Kuhn, „mit den vielen Lehrern, Autoren, Mitarbeitern und Freunden beim Gründungsakt. Wir sind den vielen Vermittlern, Spendern und Sponsoren zu großem Dank verpflichtet. Durch ihr Engagement können so viele Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen, eine Grundbildung bekommen und ein bessere Perspektive für ihr zukünftiges Leben.“