Kommentierende Betrachtung von Wolf Stegemann
27. Mai 2021. – In Dorsten ist in letzter Zeit so allerhand in Gang gesetzt worden, um die Stadt nach außen hin werbemäßig in ein besseres Licht zu stellen. So soll die Stadt auch für den Tourismus erschlossen werden. Ohne Zweifel hat Dorsten schöne Ecken und Plätze. So an der Lippe oder das viele Grün zwischen den auseinandergezogenen Stadtteilen. Doch das haben andere Städte auch. Das Problem, dass Dorsten kein Alleinstellungsmerkmal hat, mit dem die Stadt für Touristen attraktiv gemacht werden kann, ist nicht neu. Doch die Stadtverwaltung gibt nicht auf, immer wieder Neues zu entdecken, um die Stadt nach außen hin als etwas Besonderes darzustellen, Aber gibt es dieses Besondere überhaupt? Der neueste ernstgemeinte Versuch besteht darin, die Stadt – und das, was in ihr passiert – als „echt“ zu bezeichnen, obwohl niemand behauptet, um dies augenzwinkernd anzumerken, dass es Dorsten nicht gibt, wie es manche von Bielefeld behaupten. Übrigens benutzt Duisburg den Slogan „Duisburg ist echt“, eine Reaktion auf Bielefeld?
Slogan „Echt Dorsten“ bei zwei Gegenstimmen im Rat beschlossen
In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am letzten Mittwoch, der coronabedingt in Vertretung des Rates tagte, befassten sich Verwaltung und Lokalpolitiker mit dem Thema. Die Marke „Echt Dorsten“ gibt es schon im Internet. Um sie für ihre Zwecke nutzen zu können, müsste die Stadt entsprechende Nutzungsrechte kaufen. Bürgermeister Tobias Stockhoff: „Wir kaufen den Namen „Echt Dorsten“ als Marke für die Benutzung auch durch Vereine!“ Was er damit sagen wollte, steht in der Beschlussvorlage: „Die Stadt Dorsten und die städtischen Gesellschaften übernehmen die Marke ,Echt Dorsten – 11 x mehr erleben’ mit ihren Nutzungsmöglichkeiten als einheitliches Stadtmarketinginstrument“ (die 11 steht für Stadtteile). Weiter heißt es: „Es wird angestrebt, dass der Slogan auch in der Bevölkerung, bei Institutionen sowie Vereinen und Gruppen zur Anwendung kommt.“ – Mit anderen Worten: Alles, was in Dorsten passiert, von Dorstenern gemacht oder gesagt wird, im Rathaus, auf dem Sportplatz oder im Kaninchenverein ist künftig „echt Dorsten“!
In der Ausschusssitzung wurde dann der Slogan „Echt Dorsten“ bei zwei Gegenstimmen (AfD, Linke) beschlossen. Damit erfüllte sich auch die Ahnung des Redaktionsleiters der „Dorstener Zeitung“ Stefan Diebäcker, der Tage zuvor in einem kritischen Kommentar geschrieben hatte: „Es ist trotzdem sehr wahrscheinlich, leider, dass die Politik den Vorschlag der Stadtverwaltung durchwinkt. So läuft es seit Jahren meistens. Auch das ist: Echt Dorsten.“ So war es dann auch. Die Dorstener Verwaltung will also den bereits von anderen als Bürger-Portal und Werbe-Portal im Internet benutzten Slogan „Echt Dorsten“ aufkaufen, um ihn zu verwenden und städtischerseits unters Volk zu bringen. Die Initiative „Echt Dorsten“ hat sich im ersten Lockdown Anfang 2020 zusammengeschlossen: die IT-Spezialisten des Dorstener Unternehmens netTrek als Impulsgeber fanden Unterstützung bei der Dorstener Wirtschaftsförderung (Windor) und dem Unternehmerverein „Sag Ja! zu Dorsten“. Und jetzt die Stadt.
Die Frage bleibt: Was kann mit „echt Dorsten“ bezeichnet werden?
Doch warum unter diesem schon für andere Zwecke gebrauchten Slogan? Und was soll in Dorsten dann mit Verwendung des Slogans echter sein, als ohne Slogan? Da muss man schon lange nachdenken, um dann doch keine passende Antwort zu finden. Wenn einer seine Tauben ausschickt, was ist daran „echt Dorsten“? Und was ist typisch Dorsten, was Touristen anlocken oder mit dem die Stadt nach außen hin brillieren könnte? Da man keine befriedigende Begründung findet, drängt sich die Frage auf, was das Wort „echt“ eigentlich bezeichnet.
Das Adjektiv „echt“ bedeutet „unverfälscht“ und steht im Gegensatz zu falsch und imitiert. „Echt Dorsten“ suggeriert, dass damit das echte Dorsten gemeint und nicht das falsche. Doch gibt es ein falsches oder nachgemachtes Dorsten? Der Begriff echt wird beispielsweise bei Briefmarken, Geldscheinen, Freundschaften angewendet, da es tatsächlich gefälschte Briefmarken und Geldscheine gibt. Und wenn etwas angezweifelt wird, dann wird mit der Bezeichnung „echt“ gekontert, dass es eben wirklich echt ist wie beispielsweise „echte Nürnberger“ (gemeint sind Bratwürste), ein echter Rembrandt oder ein echt goldenes Armband. Da kommt man wieder auf die Frage zurück, was „echt“ in Bezug auf eine Stadt bzw. einen Stadtnamen bedeuten mag.
„Echt blöd“, „echt sexy“, „echt warm“, echt kalt“, „echt idiotisch“ …
Mit was kann sich Dorsten nach außen hin als „echt“ präsentieren, welches Alleinstellungsmerkmal hat Dorsten, mit dem es sich mit „echt Dorsten“ schmücken könnte? Immer wieder kommt man auf diese Frage zurück, auf die es keine zufriedenstellende Antwort gibt. Denn in Dorsten gibt es nichts, was andere Städte im weiteren Umkreis nicht auch haben – abgesehen vom Jüdischen Museum. Doch das in privater Trägerschaft befindliche Museum mit „Echt Dorsten“ zu bezeichnen, wäre verfehlt.
Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, wie oft das Adjektiv „echt“ in welchen Zusammenhängen meist vorkommt – geschrieben oder gesprochen. Meist kommt es im Zusammenhang mit einer negativen Aussage vor, aber auch mit positiven. Beispiele: „echt blöd“, „echt sexy“, „echt warm“, echt kalt“, „echt idiotisch“, „echt bescheuert“ und in der jungen Generation heißt es oft „echt krass!“ Doch an erster Stelle der ausgesprochenen Häufigkeit im Volksmund steht „echt Sch…!“
Dorsten liegt am Rand des nördlichen Ruhrgebiets. Zwar gibt es keine Zechen mehr, doch ist die Bevölkerung teilweise bergbaugeprägt und ihre Redewendungen sind es auch. Da treffen sich zwei und der eine sagt zum andern, dass die Stadt jetzt den Slogan „Echt Dorsten“ benutzt. Sein Gegenüber fragt ungläubig: „Echt?“ Darauf der andere seine Information mit „Aber echt ey!“ bekräftigt. Wiederum der Ungläubige kopfschüttelnd meint: „Echt Dorsten!“
Neuer Spruch für eine Stadt, die sich eigentlich eher verschlimmbessert mit jeder neuen Idee. Ich weiß nicht, ob man sich wohl fühlt mit solch einem albernen Spruch im Nacken.
Besser wär wohl gewesen, auch die Menschen, die in Dorsten leben, zu befragen. Ist das passiert? Ich hab nichts davon mitgekriegt. Aber mehr als Stimmvieh bei den Wahlen sind wir wohl nicht. Und für die Steuern zu zahlen, sind wir zu gebrauchen. Lass sie machen.
Köster – es steht Ihnen frei, aus Dorsten wegzuziehen. Nur Mut!
Es gibt kein schönes Café mit Kuchen in Konditorenqualität mehr in Dorsten, seit das sehr gute Café Maus nicht mehr da ist.
Die Politessen sind ausgesprochen unfreundlich. Frischkost wie Gemüse und Obst und Fisch, nur auf dem Markt oder Gemüse und Obst zum Glück in türkischen Geschäften.
Die Stadt verödet, Leerstand allerorten. Allerdings Optiker und Handyshops zuhauf. Wer braucht so etwas?
Keine einladenden Plätze, wie plätschernde Brunnen, lauschige Ecken, an denen man sich gern trifft.
Das sind nur einige Beispiele. Die Liste kann fortgeführt werden.
Sie alle stehen unbedingt für “Echt Dorsten”.
Dem Slogan ist die Verzweifelung einer Stadt zu entnehmen, die selbst glaubt, dass sie nichts zu bieten hat. Wir existieren einfach. Bitte glaubt uns, dass es Dorsten gibt, echt wahr! Wenn man schon unbedingt Touristen anlocken möchte, müsste man ein touristisches Gesamtkonzept entwickeln, ein Angebot also. Das wäre recht aufwendig und vielleicht auch teuer. Im letzten Schritt mag man dann über einen geeigneten Slogan nachdenken, der dieses Angebot auf den Punkt bringt. Umgekehrt, wenn’s noch gar kein Angebot gibt, is’ echt schwierig.
Ach so, die Grünen gibt es auch noch in Dorsten. Fallen überhaupt nicht auf. Aber ihre Stimme für dermaßen Unsinniges wie diesen dummen Slogan, dafür geben sie ihre Stimme ab. Dann weiß ich ja, wen ich auf gar keinen Fall wählen werde. Ich frage mich, welches der stimmberechtigten Ausschussmitglieder im Dorstener Rat auch nur einmal kurz an die Menschen denkt, die sie gewählt haben, damit ihre Interessen vertreten werden? Dies ist ja nur ein Beispiel. Eins von vielen.
Ich würde gerne anmerken das es im Ausschusses für Stadtmarketing, Kultur und Tourismus und im Haupt- und Finanzausschusses Mitglieder der sehr guten Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative, kurz Die PARTEI sitzen. Wir bilden zusammen mit der Partei DIE LINKE. die Fraktion für Ratsangelegenheiten, Aktionismus, Kontroverses, Tiefgründiges und Initiativen gegen Oligarchie und Nepotismus Die FRAKTION featuring DIE LINKE. im Rat der Stadt Dorsten. Oder einfach: Die FRAKTION feat. DIE LINKE. Da sowohl Die PARTEI als auch DIE LINKE. gegen das vorgehen der CDU waren haben unsere Stimmberechtigten Mitglieder der Ausschüsse dagegen gestimmt.
Zudem hatte im Ausschuss für Stadtmarketing, Kultur und Tourismus die AfD noch für den Erwerb gestimmt. Sich dann aber als lernfähiger als die SPD oder die Grünen gezeigt und im Haupt- und Finanzausschusses dagegen gestimmt. Und wenn wir schon einen Slogan brauchen:
Dorsten – Stadt an der Ampel!
Dorsten dümpelt.
Diesen Slogan schenke ich der Stadt, weiß ich doch um ihre dauernde finanzielle Notlage.
Solch ein Bürgermeister ist Garant für “Echt Drosten”.
Ach so, mangels eigener Ideen will die Stadt (wer immer dahinter steckt) diesen grandiosen Slogan aufkaufen. Dorsten hats ja. Zwar werden die Brunnen stillgelegt, begründet mit den hohen Kosten, um nur ein Beispiel zu nennen, aber für dieses Motto wird in die Stadtkasse gegriffen. Wie blöd will Dorsten sich noch darstellen? Echt Dorsten. Sic transit gloria mundi.
Na, immerhin äußert sich sogar die Lokalzeitung kritisch zu diesem Echt Dorsten Unsinn. Kommt doch sonst nicht vor, dass mal vorsichtig kritisch kommentiert wird.
Soviel Aufwand für eine Verschlimmbesserung: Da war doch der vorherige Slogan “Hansestadt an der Lippe” origineller, treffender und nicht so nichtssagend. Und weniger kostspielig.
Wie, das ist Dorstens neues Image?
Gehts noch?
Gehts noch peinlicher, dümmlicher, niveauloser? leider ist mehr von den Dorsten-Verwaltern nicht zu erwarten. Waren die Slogans “kleine Hansestadt” und “Tor zum Münsterland” noch anheimelnd und einer kleinen Stadt angemessen, so muss es jetzt primitiv zugehen. Sprechen die Ratsmitglieder so? Zum Fremdschämen.
Da ich ein Zwangseingemeindeter bin, der sich nie mit Dorsten identifiziert hat, geht es mir inzwischen so, dass ich auf Anfrage meinen Wohnort “in Nähe Borken” angebe. Ich möchte nicht darauf eingestuft werden, auf das Niveau dieser unsäglichen Stadt. Schon mal auf die Idee gekommen, die Dorstener aufzurufen, einen Slogan für ihre Stadt zu ersinnen? Da würde mehr dabei herauskommen als “Echt Dorsten”. Denn solch ein Niveau haben die meisten Dorstener nicht. Versuchen wir es mal mit der Alliteration “Dorsten dumm und dämlich”.