4. März 2021. – Es gibt in einer Nachbarstadt von Dorsten im Kreis Recklinghausen einen mittlerweile 84 Jahre alten Münzsammler, der einen regelrechten Schatz zusammengetragen hatte – darunter Münzen aus der Münzstätte Dorsten aus der Zeit von 1275 bis 1680. Als Dorsten 1251 die Stadtrechte verliehen bekam, blieben die Hoheitsrechte, darunter das Münzrecht, beim Landesherrn, dem Erzbischof von Köln. Gegen Bezahlung einer Steuer durfte Dorsten Münzen prägen. Sie waren aus Silber und Billon. Billon ist schlechtes Münzmetall mit einem nur 40-prozentigen Silberanteil. Da die Dorstener aus Gewinnsucht viele Jahrhunderte lang Silbermünzen mit vermindertem Silbergehalt herstellten, bekam das Dorstener Geld im Umland einen schlechten Ruf. Da die Stadt Dorsten nicht aufhörte, Geld mit falschem Silberanteil zu prägen und zu veräußern, Strafandrohungen nicht wirkten, wurde der Stadt 1680 das Münzrecht und somit das Geschäft mit Geld endgültig vom Landesherrn entzogen.
Vermutlich nur noch fünf Exemplare vorhanden
Erzbischof Siegfried, Landesherr von 1275 bis 1297, richtete in Dorsten eine Münzstätte ein. Nur unter seiner Regierung lassen sich in dieser Zeit in Dorsten geprägte Münzen nachweisen. Allerdings ist eine Dorstener Münzstätte jener Zeit urkundlich niemals erwähnt worden. Auch lassen sich Münzmeister nicht nachweisen. Die mittelalterliche Münzstätte in Dorsten war, wie die Prägungen der Dorstener Münzen zeigen, keine ordentlich arbeitende Münzstätte. Die Münzbilder zeigen, dass Dorsten völlig im Einflussgebiet der Münzstätte Münster lag. Die „Dorstener Pfennige“ sind Abarten der münsterschen Prägungen und in den Urkunden auch niemals unter eigenem Namen genannt worden. Der „Dorstener Pfennig“, nach 1275 geprägt, wog zwischen 1,3 und 1,4 Gramm (Abbildung). Heute ist die Münze sehr selten. Es gibt vermutlich nur noch fünf Exemplare. Der oben genannte Münzsammler hat ein Exemplar dieser ältesten Dorstener Münze in seinem Besitz. Auf der Vorderseite ist ein thronender Geistlicher mit Mitra und Krummstab zu sehen. Wissenschaftler meinen, dass er der Münzherr Bischof Eberhard von Münster ist. Die Rückseite zeigt das Brustbild eines Heiligen. In der Umschrift ist der Dorstener Stadt-Name zu erkennen.
Mit wenig Silber geprägt und somit in die eigen Tasche gewirtschaftet
Dorstener Prägungen sind auch unter Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern aus dem 17. Jahrhundert bekannt. Zur damaligen Zeit gab es in Westfalen drei Münzstätten: Geseke, Dorsten und Recklinghausen. In Dorsten wurde unter kurfürstlichem Namen und Wappen auf Rechnung des Bürgermeisters und Stadtrates geprägt; zudem ist anzunehmen, dass in Dorsten auch eine erzbischöfliche Münzstätte gearbeitet hat. Aus nicht bekannten Gründen war der Stadt Dorsten 1653 das Recht eingeräumt worden, einen bestimmten Betrag in Achthellerstücken zu prägen und auf diese Namen und Wappen des Kurfürsten zu setzen.
Die Dorstener „Fettmännchen“ waren äußerst unbeliebt
Die spärlichen Kenntnisse über die Dorstener Münzanstalt verdankt man der unrühmlichen Tatsache, dass die Dorstener Münzmeister zwischen 1653 und 1659 schlechtes Geld geprägt haben, weil sie einen großen Teil des Silbers in die eigene Tasche steckten und Münzen prägten, die zu dünn, zu klein und zu wenig Silbergehalt hatten. Daher waren die Dorstener Kleinmünzen, die „Fettmännchen“ genannt wurden, in der Region als Münzen äußerst unbeliebt. Zudem führte der außerordentlich geringe Silber- und somit Mindergehalt Dorstener Münzen dauernd zu Klagen, Protesten und Verboten. Die Münzen aus Dorsten sahen nur noch aus wie Karikaturen ordnungsgemäßer Münzen. Der Landesherr ließ die Dorstener gewähren. Zu vermuten ist, dass die Dorstener kräftig in die Tasche fassten und sich das Recht des Münzprägens vom Landesherrn erkauft hatten. Denn der Landesherr benötigte dringend Geld und ließ es gegen bessere Einsichten auch von schlechten Münzstätten – wie Dorsten eine war – prägen.
Klagen über das schlechte Geld wurden dann doch sehr laut
Dorsten verlangte immer wieder neue Bewilligungen zum Prägen von Münzen mit der Begründung, dass es an Zahlungsmitteln mangele. Als der Stadt die schlechte Qualität ihrer „Fettmännchen“ vorgehalten wurde, wies der Bürgermeister dies zurück mit dem Bemerken, der Stadt seien Klagen nicht zu Ohren gekommen, im Gegenteil, die Brabanter würden große Mengen des Geldes abnehmen. Damit haben Bürgermeister und Rat ohne es zu wollen in naiver Weise eingestanden, dass die Dorstener Münzen nicht für den Ortsverkehr bestimmt waren, sondern für den Export. Drei landesherrliche Bewilligungen des Münzprägens für 2000 Taler sind bekannt, dazu kommt die erlaubte Aufarbeitung eines vorbereiteten Silbervorrats von weit mehr als 60 Mark. Als die Klagen über das schlechte Dorstener Geld dann doch zu laut wurden, missachtete die Stadt den Befehl, die Münzarbeit einzustellen. Die landesherrliche Verbotsorder war sogar der Anlass für eine weitere Bewilligung. Heinrich Roth hieß der Dorstener Münzmeister, der das schlechte Geld herstellte. Die gesamten Vorgänge um die Münzstätte Dorsten wurden ziemlich geheimnisvoll behandelt. Die Düsseldorfer Regierung stellte fest, dass Roth, der in einem gedruckten Regierungsblatt Küthe genannt wird, im eigenen Hauskeller präge und ein reicher Jude sein Verleger (Geldgeber) sei. Ob und was daran wahr sein mochte und wie die Stadt Dorsten dazu stand, ist nicht bekannt. Juden hat es zu dieser Zeit in Dorsten nachweislich nicht gegeben. – Das Bild zeigt einen Münzmeister, abgebildet im „Sachsenspiegel“, dem Rechtsbuchdser Deutschen Geschichte aus dem 13. Jahrhunert.
Weiterhin massenweise Münzen mit falschem Silberanteil geprägt
Aus dieser gemeinschädlichen städtischen Prägung ist offensichtlich eine kurfürstliche Münzstätte in Dorsten hervorgegangen. Während die Stadt anscheinend nur „Acht Heller“ schlug und anfangs ihr Wappen ziemlich unauffällig als eine Art Münzzeichen darauf setzte, so dass man die Stücke damals als landesherrlich ansehen musste, wurden auch Beschwerden über die sogenannten „Blafferte“ bekannt, die massenweise in Dorsten geprägt wurden. Auch diese Münzen waren nicht in Ordnung. Ihnen fehlte der vorgeschriebene Silberanteil und sie waren um acht Gramm zu leicht. Auch wurde gerügt, dass der Münzmeister Peter von der Rener, nicht vereidigt war. Jetzt wurde es auch dem Landesherrn zu bunt. Kurfürst Max Heinrich selbst sorgte für Abhilfe. Der Statthalter des Vests, Marschall von Nesselrode, schrieb am 21. Mai 1680 an die Regierung in Düsseldorf, sein Kurfürst habe dem Dorstener Münzmeister weiteres Prägen verboten und demselben außerdem unter Androhung von 200 Goldgulden Strafe befohlen, die Stempel, das vorbereitete Metall und die fertigen Münzen an ihn, den Statthalter, abzuliefern. Er, Nesselrode, habe die Stempel und wenige fertige Münzen erhalten, erstere nach Bonn abgeliefert und letztere in Verwahrung genommen. Metall sei nicht vorhanden gewesen. Dorsten durfte keine Münzen mehr prägen und war aus dem Geschäft. – Die Abbildung zeigt ein Acht Heller-Stück, geprägt in Dorsten zwischen 1657 und 1661, mit der römischen Zahl VIII auf der Vorderseite und dem Wappen des Kürfürsten auf der Rückseite. Acht Heller waren 1/74 Taler.
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