Von Helmut Frenzel
4. Juni 2020. – Am Mittwoch nächster Woche findet eine Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses statt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem der Bericht der Verwaltung an die Kommunalaufsicht zum Stichtag 15. April 2020. In der Vorlage der Verwaltung ist zu lesen, dass die Bezirksregierung den Kommunen für das laufende Jahr Erleichterungen bezüglich ihrer Berichtspflichten zum Fortgang der Haushaltssanierung eingeräumt hat. Die regulären Berichte zum Ende des ersten und des zweiten Quartals 2020 entfallen. Einen Bericht über den Stand der Haushaltskonsolidierung soll es erst wieder zum Stichtag 30. September dieses Jahres geben. Das bedeutet, dass der Rat und die Bürger voraussichtlich erst im November einen Überblick über die Haushaltslage ihrer Stadt bekommen werden. Als Grund wird die Corona-Krise angeführt. Tatsächlich ist unübersehbar, dass das zeitweilige Herunter- und langsame Wiederhochfahren der Wirtschaft erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt der Städte und Gemeinden hat. Während krisenbedingte Mehraufwendungen sich relativ rasch im Zahlenwerk niederschlagen dürften, werden sich Einnahmenausfälle, vor allem bei den Steuern und den Schlüsselzuweisungen, erst mit Verzögerung einstellen. Dasselbe gilt für die Finanzhilfen für die Kommunen, die aktuell beschlossen wurden. Die Ergebnissituation der Kommunen könnte deswegen für geraume Zeit recht unübersichtlich sein. Ob das die Streichung der Berichte an die Finanzaufsicht rechtfertigt, sei dahin gestellt.
Haushaltsbericht 2018 nach Form und Inhalt vorbildlich
Für die bevorstehende Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses bleibt daher lediglich der Bericht für das zurückliegende Haushaltsjahr 2019 übrig. Die dafür geltenden Vorgaben verlangen, dass ein vom Bürgermeister bestätigter Entwurf des Jahresabschlusses vorzulegen ist, ergänzt insbesondere um eine Darstellung der Umsetzung des Haushaltssanierungsplans. Wie das realisiert werden kann, zeigt der entsprechende Bericht zum Haushaltsjahr 2018 aus dem Vorjahr. Die Berichtsvorlage, unterschrieben vom Bürgermeister, gibt auf drei Seiten einen kurzgefassten „Überblick über die Haushaltssituation“, nennt das Jahresergebnis ergänzt um Erläuterungen zu den wichtigsten Einflussgrößen und aufgegliedert nach den Organisationseinheiten im Rathaus. In der beigefügten Anlage ist der Haushalt auf 20 Seiten in einzelne Ertrags- und Aufwandspositionen aufgegliedert und erläutert. Der Bericht ist nach Form und Inhalt vorbildlich. Er erlaubt es auch einem Leser, der nicht jeden Tag mit einem Jahresabschluss zu tun hat, sich ein Bild vom Verlauf des Haushaltsjahres 2018 zu machen.
Haushaltsbericht 2019 unübersichtliches Gemenge
Ganz anders der Bericht 2019, der jetzt dem Haupt- und Finanzausschuss vorliegt. In seiner Berichtsvorlage informiert Bürgermeister Tobias Stockhoff über den Wegfall der Quartalsberichte. Auf den Haushalt 2019 geht er mit keinem Wort ein. Seiner Vorlage ist ein unübersichtliches Pamphlet von 31 Seiten beigefügt, in dem Zahlen zum Haushalt 2019 dargestellt sind in einer Gliederung, die sich dem Interessierten nur schwer erschließt. Der Haushalt wird in Teilbereiche zerlegt und die zahlreichen Tabellen mit den Planabweichungen gefüllt, es fehlt ein zusammenfassender Überblick über das Ergebnis 2019, der dem Leser bei der Suche nach Information eine Richtung geben würde. Aber der Bürgermeister unterlässt es, dem Bericht den von ihm unterzeichneten Entwurf des Jahresabschlusses beizufügen, so wie es eine Verfügung der Landesregierung fordert. Was Bürgermeister und Verwaltung dazu veranlasst, so zu handeln, erschließt sich nicht.
Wie hoch wird der wirtschaftliche Überschuss 2019 wirklich ausfallen?
Immerhin, wer sich die Mühe machen will, der kann aus den Zahlen das Jahresergebnis 2019 herausklauben. Als „ordentliches Ergebnis“ errechnet er einen Jahresüberschuss von 5,7 Millionen Euro. Doch der sagt nicht alles. Denn darin sind die Ausgabenbeschlüsse enthalten, die der Rat in seiner letzten Sitzung im Dezember getroffen hat: 0,9 Millionen Euro für diverse Vorhaben – ausdrücklich unter Verweis auf das erwartete hohe Jahresergebnis. Und dann ist da noch ein Millionenbetrag, der das Ergebnis nach unten zieht: Für ein Spekulationsgeschäft aus dem Jahr 2009 muss eine Rückstellung für drohende Verlust von 2,3 Millionen Euro gebildet werden. (Im Bericht zum Portfoliomanagement der Stadt von März war noch von einem Rückstellungsbedarf von 2,8 Millionen die Rede.) Rechnet man diese beiden Positionen dem „ordentlichen Ergebnis“ von 5,7 Millionen Euro hinzu, landet man bei einem wirtschaftlichen Ergebnis 2019 von 9,0 Millionen. Im Haushaltsplan war ein Überschuss von 393.000 Euro geplant. 2019 war ein außergewöhnlich erfolgreiches Jahr für die Stadt. Wenn demnächst der Jahresabschluss vorliegt, wird man sehen, ob man die neun Millionen noch nach oben korrigieren muss.