Betrachtung von Helmut Frenzel
1. Juni 2018. – Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) befasst sich in den ersten Monaten eines Jahres routinemäßig mit dem Schuldenmanagement der Stadt, so auch im Februar dieses Jahres. Und da geht es immer auch um die unsäglichen Währungsgeschäfte der Stadt. Wer sich für das Thema interessiert und Ausschau nach wichtigen Entwicklungen hält, der kann sich in den Dokumenten zur Sitzung informieren, die im Rats- und Bürgerinformationssystem der Stadt veröffentlicht sind. In der Vorlage der Verwaltung, unterschrieben vom Bürgermeister, liest er zu den Liquiditätskrediten in Schweizer Franken: „Die Kreditverbindlichkeiten stehen zum 30. 12. 2016 zum Wechselkurs CHF /EUR von 1,0739 in der Bilanz. Der Wechselkurs zum 29. 12. 2017 betrug 1,1702. Ein neuer Wertberichtigungsbedarf ergibt sich somit nicht.“ Das klingt erfreulich. Noch schnell ein Blick in das Ergebnisprotokoll, vielleicht sind ja in der Sitzung selbst noch wissenswerte Vorgänge zur Sprache gekommen. Dieses ist wie immer äußerst spartanisch abgefasst mit der Aussagekraft eines leeren Blattes. Dort heißt es: „Herr Bürgermeister Stockhoff machte zunächst Erläuterungen zur Vorlage. Herr Schwane war der Auffassung, dass die Entwicklung des Zinsniveaus zu beachten sei. Daher seien Schuldentilgungen besonders wichtig. Herr Baune stimmte Herrn Schwane hinsichtlich der Entwicklung des Zinsniveaus zu. Viele Annahmen seien jedoch zur Zeit noch spekulativ.“ Das war’s. Nichts außer Selbstverständlichkeiten.
Gibt es Gründe, warum die Verwaltung den Gewinn nicht „feiert“?
Aber gab es wirklich nichts Besonderes zu behandeln? Immerhin markiert das Jahr 2017 einen Wendepunkt in der Kursentwicklung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro. Seit 2007 verlor der Euro gegenüber dem Franken 40 Prozent an Wert. Der Tiefpunkt war Ende 2016 erreicht. Dann die Wende. Seit April 2017 erholte sich der Euro, sein Wert gegenüber dem Schweizer Franken stieg kontinuierlich an, bis auf den Jahresschlusskurs von 1,17 CHF /1 Euro. Die Stadt hatte zum Bilanzstichtag Frankenkredite von 98 Millionen CHF in den Büchern. Die Rückzahlungsverpflichtungen in Euro liegen bei diesem Kurs um 7,5 Millionen niedriger als zu Jahresbeginn. In gleicher Höhe ergibt sich ein Währungsgewinn. Ist das ein wichtiger Punkt? Oder nicht der Erwähnung wert? Man erinnert sich, wie gelegentlich bei kleinen Beträgen im Rat gestritten wird, Beispiel Parkgebühren. Da geht es im wahrsten Sinne des Wortes um kleine Münze. Und ein Währungsgewinn von 7,5 Millionen Euro ist nicht der Erwähnung wert? Es muss Gründe geben, warum Verwaltung und Rat diesen Gewinn nicht unter kräftigem Selbstlob gehörig feiern. Und solche Gründe gibt es.
Kämmerer will den Wertzuwachs „nicht ertragssteigernd auflösen”
Die Stadt verfügt im Falle von Währungsgewinnen über Gestaltungsmöglichkeiten. Dass rechnerisch ein Gewinn durch die Aufwertung des Euro entstanden ist, heißt nicht, dass er automatisch bilanzwirksam wird. Die Verwaltung hat die Wahl, an der Bewertung der Schweizer Franken-Kredite zu dem zuvor schlechteren Wechselkurs festzuhalten. Oder sie kann den neuen (besseren) Kurs zur Bewertung der Franken-Kredite heranziehen und den Währungsgewinn damit bilanzwirksam aufdecken. Auf Anfrage hat der Kämmerer mitgeteilt, dass er dem Rat vorschlagen wird, den Wertansatz des Vorjahres beizubehalten und den Währungsgewinn „nicht ertragssteigernd aufzulösen“. Wie das reibungslos funktioniert, konnte man in den vergangenen Jahren bei der Nachgenehmigung der Währungsverluste studieren. Der Kämmerer legt dem Rat den Jahresabschluss 2017 mit seinen vielen hundert Seiten zur Genehmigung vor. Eine Aussprache findet im Rat dazu nicht statt. Es wird abgestimmt. Erledigt. Formal hat der Rat mitgewirkt, eine Gelegenheit zur Einflussnahme in Detailfragen tatsächlich aber nicht bekommen. Dazu passt, dass das Thema Währungsgewinn in der Februarsitzung des Haupt- und Finanzausschusses gar nicht erst angesprochen wurde. Die Verwaltung will sich bei der Verwendung von etwaigen Währungsgewinnen nicht reinreden lassen.
Aufgelaufene Wertberichtigungen mit 34 Millionen Euro beziffert
Aber die Bürger, vertreten durch die von ihnen gewählten Ratsmitglieder, haben ein Recht dazu, bei den Währungsgewinnen mitzureden, und dieses Recht sollten sie sich auf keinen Fall nehmen lassen. Denn die Interessen der Verwaltung und der Bürger sind im Falle der Währungsgewinne keineswegs gleichgerichtet. Unter der Voraussetzung, dass der Euro mittelfristig gegenüber dem Schweizer Franken aufwertet, sind die in der Bilanz enthaltenen Wertberichtigungen für die Währungsverluste so etwas wie eine Spardose, stille Reserven. Die Höhe der aufgelaufenen Wertberichtigungen hat die Verwaltung zuletzt mit 34 Millionen beziffert. Indem die Verwaltung vorerst darauf verzichtet, die Bewertung anzupassen, hält sie sich für die Zukunft alle Optionen offen. Sie kann, wenn die Kursentwicklung das hergibt, die Anpassung der Werte zu jedem anderen künftigen Bilanzstichtag nachholen. Das geht nur nachträglich zum Ende eines Jahres und hat den Nachteil, dass die Kredite im Ganzen neu bewertet werden müssten, weil eine selektive Neubewertung kaum zulässig sein dürfte. Mehr spricht dafür, einzelne Franken-Kredite abzulösen und so die stillen Reserven in Teilbeträgen zu mobilisieren, je nach Bedarf, so wie es der Verwaltung in den Kram passt. Hier ist die Stadt nicht an Termine wie den Bilanzstichtag gebunden. Das könnte letztlich bedeuten, dass die Spardose, die die Bürger gefüllt haben, dem allgemeinen Haushalt zugeführt wird.
Verluste den Bürgern durch Abgabenerhöhungen aufgebürdet
Warum das ohne eine ausdrückliche Zustimmung der Ratsmitglieder nicht vertretbar ist, zeigt die folgende Überlegung. Als die Währungsverluste nach 2009 entstanden, hatte die Stadt keine Wahl. Sie musste die Verluste durch Wertberichtigungen der Franken-Kredite bilanziell berücksichtigen. So wollen es die Bilanzierungsregeln. Das führte zu teilweise hohen Fehlbeträgen in der jährlichen Haushaltsrechnung und einer entsprechenden Minderung des Eigenkapitals. Unter der Knute der von der Landesregierung verordneten Haushaltssanierung mussten die Bürger die Verluste tragen, sie waren Bestandteil der Haushaltssanierung. Dies geschah durch die massive Erhöhung von Steuern, Abgaben und Gebühren einerseits und die Vorenthaltung von kommunalen Leistungen andererseits. Mit anderen Worten: die Wertberichtigungen infolge der Währungsgeschäfte haben die Bürger bezahlt.
Geld der aufzulösenden Wertberichtungen gehört den Bürgern
Der frühere Kämmerer Wolfgang Quallo, einer der Hauptverantwortlichen für den Schuldenkurs der Stadt, hat in seinen Vorlagen an den Rat immer wieder betont, die Schweizer Franken-Kredite seien keine Spekulationsgeschäfte, denn man werde die Darlehen erst ablösen, wenn der Wechselkurs wie bei Aufnahme der Darlehen wieder erreicht sei und es also am Ende gar keine Währungsverluste gebe. Dabei ist er davon ausgegangen, dass das innerhalb kurzer Zeit oder jedenfalls weniger Jahre der Fall sein werde. Dass das eine Fehlkalkulation war, ist inzwischen klar. Aber angenommen, die Stadt hält tatsächlich die Franken-Kredite so lange, bis der Frankenkurs auf den Stand wie bei Aufnahme der Kredite zurückgekehrt, dann stünde man vor folgender Situation: die Wertberichtigungen sind noch immer auf dem höchsten Stand, weil man bei steigenden Wechselkursen keine Anpassung der Wertberichtigungen vorgenommen hat. Jetzt, da die Währungsverluste auf null geschrumpft sind, müssen die Wertberichtigungen aufgelöst werden. Es entsteht ein außerordentlicher Ertrag in Höhe der gebildeten Wertberichtigungen, der dem allgemeinen Haushalt zugeführt wird und das Eigenkapital erhöht. Im Ergebnis hat die Stadt dann den Bürgern die Bezahlung von Verlusten aufgebürdet, für die der Grund nachträglich entfallen ist. Die Belastung der Bürger wirkt dann wie eine Sondersteuer oder -abgabe, für die es keine Rechtsgrundlage gab. Das Geld in Höhe der nunmehr aufzulösenden Wertberichtigungen ist das Geld der Bürger! Sie haben mit ihren Beiträgen zur Haushaltssanierung eine Spardose gefüllt, es ist ihr Geld. Es steht ihnen zu. Es muss ihnen zurückerstattet werden oder sie müssen selbst über eine andere Verwendung entscheiden dürfen.
Umgang mit Währungsgewinnen erfordert Transparenz
Wer diesen Gedanken zu Ende denkt, kommt zu dem Schluss, dass jede Auflösung von Wertberichtigungen für frühere Währungsverluste, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Tilgung eines Schweizer Franken-Kredits mit Währungsgewinn, ein Griff der Verwaltung in die Spardose der Bürger ist. Dieses finanztechnische Gesamtkunstwerk lässt sich so zusammenfassen: Wenn die Stadt Verluste mit ihren Geschäften macht, zahlt der Bürger; wenn mit denselben Geschäften später Gewinne anfallen, kassiert diese die Verwaltung. Der Bürger schweigt und erfüllt seine Pflicht als Dukatenesel. So darf es nicht sein. Unter diesen Umständen ist es die Aufgabe des Rates, jetzt darüber zu beraten und zu beschließen, wie mit künftigen Währungsgewinnen im Interesse der Bürger verfahren werden soll. Das sollte tunlichst geklärt werden, bevor die Verwaltung weiter Fakten schafft.
Bezüglich der Abwertung des Schweizer Franken und des daraus resultierenden Gewinnes der Stadt, dürfte es jetzt doch möglich sein betroffene Bürger, hinsichtlich notwendiger Straßenerneuerungen/-reparaturen, finanziell zu entlasten. Ich denke da z.B. an die anstehende Erneuerung der Luisenstraße.
Das ist das Geld der Bürger. notwendiger- und logischerweise hat also der Bürger auch über den Verwendungszweck zu entscheiden. Alles andere nennt man in meinen Kreisen, aneignen fremden Eigentums. Das bezeichnet das StGB als illegal. Verluste werden durch die Stadt personalisiert und Gewinne institutionalisiert. Wo bleibt da die Moral, vom Recht ganz zu schweigen?
Bezüglich der Abwertung des Schweizer Franken und des daraus resultierenden Gewinnes der Stadt, dürfte es jetzt doch möglich sein betroffene Bürger, hinsichtlich notwendiger Straßenerneuerungen/-reparaturen, finanziell zu entlasten. Ich denke da z.B. an die anstehende Erneuerung der Luisenstraße.
Das ist das Geld der Bürger. Notwendiger- und logischerweise hat also der Bürger auch über den Verwendungszweck zu entscheiden. Alles andere nennt man in meinen Kreisen, aneignen fremden Eigentums. Das bezeichnet das StGB als illegal. Verluste werden durch die Stadt personalisiert und Gewinne institutionalisiert. Wo bleibt da die Moral, vom Recht ganz zu schweigen?
Einfach unglaublich, was der interessierte Dorstener Bürger/in durch dieses online-Journal Woche für Woche über Dorsten erfährt. Und das schon lange Zeit immer freitags. Da kann der Abonnent des Dorstener Lokalblattes nur staunend in die Röhre gucken.
Wann zeichnet die Stadt Dorsten eigentlich uneigennützig tätige Bürger wie die Herren Stegemann und Frenzel für ihre Verdienste um das kulturell so arme Dorsten aus?