Kommentierender Rückblick von Helmut Frenzel
20. April 2018 – Das Mercaden-Debakel hat viele Väter, aber einen an vorderster Stelle: den ehemaligen Bürgermeister Lambert Lütkenhorst. Es ist auch sein Debakel. Er wollte dieses Projekt und er wollte Herbert Krämer. Er war es, der zusammen mit einigen Gefolgsleuten die Strippen zog, um das Projekt über alle Hürden zu bringen. 2009 hatte er an der Eröffnung der RheinBerg-Galerie in Bergisch-Gladbach teilgenommen, ein Vorhaben des späteren Mercaden-Entwicklers. So etwas wollte Lambert Lütkenhorst auch für Dorsten. Es sollte sein Denkmal werden. Und er bekam es. Wie das Projekt durchgesetzt wurde und wie es scheiterte wird hier noch einmal aufgerollt.
Zwei Jahre haben seit der Eröffnung des Mercaden im Frühjahr 2016 gereicht, um die Illusionen, die sich mit dem Centerprojekt verbanden, in Nichts aufzulösen. Die Leerstände in dem neu errichteten Gebäudekomplex haben ein niederschmetterndes Ausmaß erreicht. Nun wirken sie wie ein Beschleuniger des Niedergangs. Der Besucher, der an den verschlossenen Ladenlokalen im Erdgeschoss vorbeiläuft, versteht sofort: das hier funktioniert nicht, das geht den Bach runter. Selbst die ärgsten Pessimisten und als Schwarzmaler verschrieenen Kritiker haben das Tempo und das Ausmaß des Scheiterns dieses Projekts nicht erwartet und schon gar nicht vorhergesehen. Das Centerprojekt ist ein Reinfall, der seinesgleichen in Deutschland sucht. Schon zum Jahreswechsel reagierte der Investor, die Landesbank Hessen-Thüringen, und trennte sich kurzerhand von dem in Dorsten hofierten Projektentwickler Herbert Krämer. Der hatte nach der Eröffnung auch das Centermanagement übernommen. Das Leerstandsproblem konnte er nicht lösen. Seither ist ein neuer Betreiber am Werk, die Koprian IQ (Hamburg). Die soll nun schaffen, was Herbert Krämer nicht hingekriegt hat.
Woran ist Herbert Krämer gescheitert?
Mit der Ablösung von Herbert Krämer und der Einsetzung eines neuen Centermanagements hat die Hessisch-Thüringische Landesbank die Notbremse gezogen. Wie im Fußball. Wenn es nicht läuft, feuert man den Trainer und beruft einen neuen. Der macht richtig, was sein Vorgänger falsch gemacht hat, und schon ist die Wende da, so die Logik der Vereinsvorstände. Aber gilt das auch im Falle eines Einkaufszentrums? Diese Frage zielt auf die Ursache des Misserfolgs und darauf, ob man die Ursachen beseitigen oder wenigstens bessere Lösungen finden kann. Herbert Krämer war kein Anfänger, im Gegenteil: mit seinen anderen Centerprojekten war er durchaus erfolgreich. Woran ist er in Dorsten gescheitert? Die vordergründige Antwort lautet: es ist ihm nicht gelungen, diejenigen Geschäfte, die für einen interessanten Angebote-Mix und eine hohe Eigenattraktivität unerlässlich sind, in sein Center hineinzuziehen.
Es gab nur noch eines: Augen zu und durch
Aber warum ist es nicht gelungen? Die Erklärung ist überraschend einfach: die Filialisten mit den attraktiven Sortimenten haben sich verweigert, weil sie ihre Geschäftserwartungen an diesem Standort als zu gering einschätzten. Dorsten ist keine Einkaufsstadt, sie hat keine homogene Einzelhandelslandschaft, die Bevölkerung ist, – abseits vom „Hauptzentrum Altstadt“ -, auf mehrere, teils weit entfernte Ortsteile mit eigenen Neben- oder Nahversorgungszentren zerstreut, die Stadt altert und schrumpft mit entsprechenden Folgen für die Kaufkraft. Für die großen Filialketten, die schon in allen 1a- und 1b-Lagen der Großstädte im Umkreis vertreten sind, ist ein 2b-Standort wie Dorsten einfach nicht interessant. Offenbar haben deren Entscheider sich mit den fundamentalen wirtschaftlichen Daten der Stadt beschäftigt und daraus ihre Schlüsse gezogen. Als Herbert Krämer klar wurde, dass sein Konzept nicht aufgeht, war es für eine Umkehr zu spät. Dafür waren die erbrachten Vorleistungen zu hoch. Es gab nur noch eines: Augen zu und durch. Am Ende nahm er was er kriegen konnte. So entstand im Erdgeschoss die Aneinanderreihung der kleinen Boutiquen mit dem Charme von Doppelgaragen, die inzwischen kollabiert ist und nun den Fortbestand des ganzen Projekts zu gefährden droht. Der chaotische Fehlstart im Frühjahr 2016 ist noch in Erinnerung.
Wie findet das Mercaden in die Erfolgsspur?
Nun stellt sich die Frage, welche Handlungsoptionen es gibt, um das Projekt zu retten. Die neuen Leute von Koprian sind vom Fach. Aber an den ungünstigen fundamentalen Rahmenbedingungen, die für den Misserfolg ausschlaggebend sind, kann auch ein neues Centermanagement nichts ändern. Koprian hat sich sechs Monate Zeit ausbedungen, um ein Konzept für die „Revitalisierung“ des nie wirklich vitalen Einkaufszentrums zu erarbeiten. Für die Umsetzung sehen sie ein Zeitfenster von drei Jahren. Das spricht nicht dafür, dass sie die übernommene Aufgabe für leicht zu lösen halten. Vielleicht ist sie überhaupt nicht lösbar. Denn die Rahmenbedingungen haben sich weiter verschlechtert: Dorsten ist inzwischen zwei Jahre der Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung weiter, das Image des Mercaden ist geprägt von zwei Discountern, Kaufland und TKmaxx, und nicht zuletzt lastet auf allen Aktivitäten zur „Revitalisierung“ das Image des Gescheiterten. Und was, wenn auch Koprian es nicht schafft, das Mercaden zum Erfolg zu führen?
Wer die Meinungshoheit hat, der muss sich nicht mit Argumenten befassen
Das führt zu dem eigentlichen Thema: Wie war es möglich, dass Stadtspitze und Rat der Stadt ein so überdimensioniertes Projekt genehmigten, ohne die unübersehbaren Risiken des Projekts selbst und für den innerstädtischen Einzelhandel zu beraten und sorgfältig abzuwägen? Es brauchte keine besonderen Fachkenntnisse, um zu erkennen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche um 12.500 Quadratmeter ein elementares Risiko für den Einzelhandel insgesamt darstellte. Dazu reicht der gesunde Menschenverstand. Die fundamentalen Rahmenbedingungen, die als Ursache für das Scheitern des Center-Projekts identifiziert wurden, waren von Beginn des Projekts an jedem Ratsmitglied und jedem Verantwortlichen in der Verwaltung bekannt. Dass das Bebauungsplanverfahren ohne größere Widerstände durchgezogen werden konnte, ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine kleine Gruppe von Befürwortern die Meinungshoheit übernimmt und darauf gestützt ihren Plan wider besseres Wissen und gegen jede Vernunft durchsetzt.
Rückentwicklung des Einzelhandels war nicht zu übersehen
Diese Gruppe wurde vom Bürgermeister angeführt, zu ihr gehörten die Fraktionsvorsitzenden der Ratsparteien, die die Meinungsbildung im Rat kontrollierten, der damalige Chefreporter der führenden Dorstener Tageszeitung, der es übernahm, die öffentliche Meinung einseitig im Sinne des mit ihm befreundeten Bürgermeisters zu beeinflussen, und der Sprecher der Alstadtkaufleute, Thomas Hein, der in dem Centerprojekt die Lösung für die darniederliegende obere Lippestraße und den schwächelnden innerstädtischen Einzelhandel insgesamt sah – gegen alle einschlägigen Erfahrungen in anderen Städten. Die Begründungen für das Projekt lauteten etwa so: die Ruine des alten Lippetorcenters müsse weg – um jeden Preis. Das neue Center werde die Kundenfrequenz auf der Lippestraße steigern und den Einzelhandel in der Innenstadt insgesamt beleben. Es gehe um eine Bereicherung der Einzelhandelslandschaft, auf die Dorsten nicht verzichten könne. Das alles zu Zeiten, in denen die Rückentwicklung des Einzelhandels in der Altstadt und darüber hinaus nicht zu übersehen war, die sich in zunehmenden Leerständen niederschlug. Leerstände bekämpft man mit einer drastischen Ausweitung der Einzelhandelsfläche. Das begreift doch jeder. Unschlagbar logisch.
Viele Bürger wollten eine andere Lösung – sie wurden ausgegrenzt
Kaum jemand stellte das öffentlich in Frage. Der Meinungsdruck war übermächtig. Der Widerspruch einzelner aus der Bürgerschaft wurde lächerlich gemacht mit Sprüchen wie: Wollt Ihr die Lippetor-Ruine als Habitat für Fledermäuse erhalten? Oder wollt Ihr, dass am Westwall demnächst Kühe grasen? Die Dissidenten wollten etwas anderes: eine Lösung, die zur Maßstäblichkeit Dorstens passt und die gewachsenen Strukturen erhält. Sie wollten ein Projekt, das den Gedanken der Stadt am Wasser ernsthaft aufnimmt und Dorsten zu einem Alleinstellungsmerkmal verhilft. In einem demokratischen System könnte man erwarten, dass die politischen Parteien oder wenigstens einzelne Politiker sich die Wünsche und Argumente von Bürgern zu eigen machen und sie dorthin tragen, wo sie hin gehören: ins Parlament, den Rat der Stadt, um dort im Streit um die beste Lösung diskutiert zu werden. Aber so etwas haben die Parteien nicht nötig, weswegen sie kaum noch jemand wählt. Als der Bebauungsplan für das neue Einkaufszentrum verabschiedet wurde, stimmten alle Mitglieder des Rates zu – alle. Dafür brauchten sie nicht einmal die Hand zu heben, dafür sorgte das eingeübte Abstimmungsverfahren: Ist jemand dagegen? Enthält sich jemand der Stimme? Einstimmig angenommen. Es genügte, dass sie einfach nur nichts taten. Die Entscheidung war ja sowieso alternativlos. Der Fall Mercaden ist ein Beispiel dafür, dass der demokratische Prozess in Dorsten überhaupt nicht funktioniert.
Das ursprüngliche Konzept und was daraus wurde
Dabei gab es reichlich Warnzeichen. Im „Einzelhandelskonzept für die Stadt Dorsten“ von 2007 hatte der Gutachter Michael Karutz (CIMA) auch die Rahmenbedingungen für ein neues Einkaufszentrum skizziert. Aus Gründen der Verträglichkeit mit dem bestehenden Einzelhandel sollte die zusätzliche Verkaufsfläche 25 bis 30 Prozent der innerstädtischen Verkaufsfläche (30.000 qm) nicht übersteigen. Das bedeutete 7.500 bis 9.000 Quadratmeter. Dabei ging er von einer stabilen Bevölkerung von 80.000 Einwohnern aus und von „gesunden“ innerstädtischen Einzelhandelsstrukturen, was wohl heißen sollte, dass man sich eher an der Untergrenze orientieren solle. Die neuen Flächen sollten für „Angebotsergänzungen“ genutzt werden. Die sah er in Unterhaltungselektronik/Foto/PC, Büchern/neue Medien, Sportartikel und komplementären Sortimenten im Segment Bekleidung. Dabei hatte er MediaMarkt und Thalia im Auge. So sollten die Überschneidungen mit dem innerstädtischen Angebot gering gehalten werden. Das klang einleuchtend.
Perspektiven hatten sich radikal verändert
Als 2013 der Rat den Bebauungsplan für das Mercaden verabschiedete, hatten sich die Rahmenbedingungen nachhaltig geändert. Jetzt ging es um eine zusätzliche Verkaufsfläche von 12.500 Quadratmetern. Da die innerstädtische Verkaufsfläche inzwischen auf unter 26.000 Quadratmeter gesunken war, bedeutete das eine Erweiterung um fast 50 Prozent. Ein kleineres Center trage sich wirtschaftlich nicht, hieß es – sprich: dafür findet man keinen Investor. Auf der anderen Seite waren mittlerweile MediaMarkt am Bahnhof und Thalia am Markt etabliert. Der Gutachter Michael Karutz hatte sich entschieden gegen den Standort am Bahnhof ausgesprochen und darauf bestanden, dass der MediaMarkt in die Innenstadt gehöre und dort als Frequenzbringer gebraucht werde. Die Ratspolitiker konnte das nicht beeindrucken. Mit dem MediaMarkt war aber ein wichtiger potentieller Ankermieter des neuen Einkaufszentrums, dessen Sortiment sich kaum mit dem innerstädtischen Angebote überschnitt, abhanden gekommen. Und dann vor allem: die Einwohnerzahl war inzwischen auf unter 76.000 gesunken, Tendenz weiter fallend, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Kaufkraft. Gleichzeitig wurde die Verkaufsfläche um 5.000 Quadratmeter oder zwei Drittel gegenüber dem ursprünglichen Ansatz ausgeweitet. Die Perpektiven für das geplante Einkaufscenter – aber auch für den innerstädtischen Einzelhandel als Ganzes – hatten sich dadurch radikal verdüstert. Jetzt waren große Überschneidungen mit dem innerstädtischen Angebot vorgezeichnet. Wie sich das auf den Mietermix auswirkte, kann man im dahinsiechenden Mercaden besichtigen. Dass es so weit kam, haben Verwaltung und Rat der Stadt mitverschuldet.
Ein Verträglichkeitsgutachten mit falschen Ergebnissen ebnet den Weg
Damit nicht genug. Selbst in dem vom Projektentwickler bezahlten Gefälligkeitsgutachten der GMA, das dem Projekt ganz im Sinne des Auftraggebers die Verträglichkeit im Verhältnis zum bestehenden Einzelhandel bescheinigte, wird auf Risiken hingewiesen. Gleich in der Einleitung heißt es: „Vor dem Hintergund der hohen Eigenattraktivität und Leistungsfähigkeit eines innerstädtischen Einkaufszentrums stellt diese Form der Einzelhandelsnutzung einen ‘worst-case’ bezogen auf mögliche ökonomische Effekte dar.“ Im Klartext: Eine Ausweitung der Verkaufsfläche in der geplanten Größenordnung ist für die Innenstadt eine existentielle Herausforderung. Den Entscheidungsträgern wird geraten, die Risiken gegen die Chancen abzuwägen. Davon, dass das in einem der Sache angemessenen Umfang geschehen wäre, ist nichts bekannt. Politiker brauchen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, nichts abzuwägen. Schlimmer allerdings war, dass das GMA-Gutachten seine Bestätigung der Verträglichkeit auf veralteten Bevölkerungszahlen aufgebaut hatte. Für eine Bewertung der Verträglichkeit mussten der Bevölkerungsrückgang und die daraus folgende negative Kaufkraftentwicklung für einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren zwingend berücksichtigt werden. Wer sagt, dass das nicht möglich ist, mag sich das Einzelhandelsgutachten desselben Gutachters GMA für die Stadt Gronau von 2010 ansehen. Darin macht GMA vor, wie so etwas geht. Das ist im Falle von Dorsten unterblieben und deswegen sind die Ergebnisse des Gutachtens falsch. GMA bescheinigt eine Verträglichkeit des Projekts, die es bei Berücksichtigung der Kaufkraftentwicklung nicht gibt. Die falschen Ergebnisse sind Teil der städtebaulichen Begründung für die Genehmigung des Bebauungsplans durch den Rat der Stadt. Dass der Technische Beigeordnete sie aus dem GMA-Gutachten des Projektentwicklers abgeschrieben hat, wurde nicht kenntlich gemacht.
Ratsmitglieder blocken Kritik ab
Ende 2013 stellte der Verfasser dieses Artikels einen Bürgerantrag an den Rat der Stadt und forderte, das GMA-Gutachten um die Auswirkungen des zukünftigen demographischen Wandels über einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren nach Eröffnung des geplanten neuen Einkaufscenters zu ergänzen. Der Antrag wurde auf sechs Seiten begründet. Er machte geltend, dass die angebliche Verträglichkeit des Projekts nach wenigen Jahren des weiteren Bevölkerungs- und Kaufkraftschwunds ins Gegenteil umschlagen werde. Im Kern ging es darum, dass die langfristige Bevölkerungs- und Kaufkraftentwicklung in Dorsten keine wirtschaftliche Grundlage für die geplante Ausweitung der Verkaufsfläche hergibt. Einige Wochen später wurde der Antrag von den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses ohne Erörterung in zwei Minuten vom Tisch gefegt – unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Lambert Lütkenhorst. Dazu verhalf die Beschlussvorlage aus der Feder des Technischen Beigeordneten Holger Lohse. Dort heißt es: „Die Untersuchung erfolgte unter Berücksichtigung des bis zum Jahr 2020 zu erwartenden Bevölkerungsrückgangs in Dorsten, der Pendlerverflechtungen und der Kaufkraft.“ Das ist unwahr und nachweislich eine Lüge. Die Ratsmitglieder hätten im Gutachten nachsehen können, ob das stimmt. Aber es gibt keine Hinweise, dass sie es taten. Denn sonst hätten sie die Begründung des Technischen Beigeordneten für die Ablehnung des Bürgerantrags zurückweisen müssen.
Bald wieder alles auf Anfang?
An dem Mercaden-Debakel haben Bürgermeister und Rat, wie man sieht, einen nicht geringen Anteil. Sie haben durch ihre Standortentscheidung für den MediaMarkt am Bahnhof und ihre Zustimmung zu einer immer größeren Verkaufsfläche die Basis dafür gelegt. Und heute? Die Befürworter sind in Deckung gegangen, denn niemand will mit einem scheiternden Vorhaben in Verbindung gebracht werden. Kein Gefasel mehr von der Bereicherung für Dorsten und davon, wie das Projekt der Innenstadt auf die Beine helfen wird. Lambert Lütkenhorst wurde mit dem Ehrentitel des Altbürgermeisters belohnt. Dem Chefreporter der führenden Dorstener Zeitung hat man für seine Verdienste die Ehrennadel der Stadt in Silber verliehen. Der Technische Beigeordnete Holger Lohse ist weiter im Amt. Er wird vermutlich demnächst die Verdienstmedaille in Platin erhalten. Und Thomas Hein, der nicht nur Vorsitzender der DIA ist, sondern über seine Firma interevent und andere Kanäle enge Kontakte zum Rathaus pflegt, – ihm wird seine kooperative Haltung nicht geschadet haben. Zu einer Aufarbeitung des Debakels durch den Rat wird es wohl kaum kommen. Denn alle Mitglieder des Rates haben, dem Herdentrieb folgend, mitgemacht. Wer sollte ein Interesse daran haben, dass da irgendetwas aufgerührt wird. Was bleibt ist die Erinnerung an eine kapitale Fehlentscheidung. Und Herbert Krämer? Er hat zwar mit der unverhältnismäßigen Größe seines Projekts die Hessisch-Thüringische Landesbank als Geldgeber überzeugen können, nicht aber die Einzelhandelsbetriebe, die das neue Vorzeigeprojekt bevölkern sollten. Nun sitzt Dorsten auf Verkaufsflächen, die offenbar niemand wirklich braucht.
Man kann der Meinung sein, dass es Sache von Herbert Krämer und mehr noch des Finanzinvestors, der Hessisch-Thüringischen Landesbank ist, wenn das Centerprojekt endgültig scheitern sollte. Es ist ja ihr Geld, das sie verlieren. Aber das ist zu kurz gedacht. Wenn es zum Schlimmsten kommt, wird der Kolossalbau am Lippetor früher oder später wieder den Dorstenern auf die Füße fallen und die können dann sehen, was sie damit anfangen. Damit wäre Dorsten wieder dort angekommen, wo alles begonnen hat: bei der Ruine des alten Lippetor-Centers, nur viel größer. Den einstimmigen Beschluss zur Genehmigung des Bebauungsplans am Westwall durch den Rat Mitte 2013 feierte der damalige Bürgermeister Lambert Lütkenhorst als Triumph über die Kritiker. Auf Facebook schrieb er: „Vielleicht finden wir ja auch mal den Stein der Weisen für all diejenigen, die in den letzten Jahren alles getan haben, um Investoren unsere Stadt als attraktiven Standort unschmackhaft zu machen…“. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in der Politik der Abstand zwischen Hochmut und Dummheit mitunter nicht sehr groß ist.
Epilog
Um Ideen und Vorschläge für eine andere Nutzung des Geländes am Westwall abzuwehren wurde immer wieder behauptet, die Stadt habe kein Geld, um die Lippetor-Ruine auf eigene Kosten abzureißen und das Grundstück für alternative Nutzungen zu erschließen. Im Zuge des Center-Neubaus wurden die Unterführungen am Lippetor zurückgebaut und Lippetor-Platz und Kanaluferpromenade neu gestaltet. Auch dafür hatte die Stadt kein Geld. Möglich wurde es durch Millionenzuschüsse des Landes. Da fällt es schwer zu glauben, dass für ein alternatives Projekt mit dem Ziel der Aufwertung der Innenstadt durch Anbindung an den Kanal nicht auch Gelder hätten locker gemacht werden können, wie aktuell für die Neugestaltung der Fußgängerzone. Aber es war eben nicht gewollt.
Siehe auch: rat-und-verwaltung-machen-jede-erweiternde-bauveranderung-des-mercaden-projektentwicklers-mit/
julebalit sagt: Nach längerem Auslandsaufenthalt suche ich die Poststelle in den Mercaden auf, die Rolltreppe hinauf. An der rechten Seite “Schatzfinder – such deinen Schatz”. Die weiteren großen Fenster sind zugeklebt, dann noch eine Apotheke, übriggeblieben, alles in allem ein trostloser Zustand, obwohl mit Weihnachtsdekorationen aufgehübscht. Ich denke, was könnte mich hier zum “Kaufen” anregen? – nada! Auf dem Rückweg nehme ich die Rolltreppe hinab. Vor dem BONITA-Eingang steht eine freundliche Dame mit Gutscheinen in der Hand: “Darf ich ihnen 5 € schenken für einen Einkauf?” – “Nein, DANKE – früher war ich Kundin, als sie noch in der Innenstadt waren!”- Viele Bürger wollten eine andere Lösung, mit dem Gedanken der Stadt am Wasser. Es hätte ein Bürgerhaus mit anschließendem großem Festsaal, an der Stelle des früheren Kinderheims werden können, nach Umbau des früheren Lippetores, vormals Wilma-Centers. Dies war keineswegs eine “RUINE”. Wenn es am Dach ´reinregnet´, bestelle ich den Dachdecker. Der Schuldenmeister-Bürgermeister L.L. hat es als marode bezeichnet und nimmt die damaligen Landesmittel i.Hv. immerhin 3 Millionen und wörtlich: “Damit können wir das Loch zuschütten + die Zuführung zum Westwall neu gestalten” (gemeint war die Unterführung mit freiem Zugang zum Kanal/Promenade). Dies war seine Aussage in der Bürgerversammlung im großen Sitzungssaal im Beisein des Investors Herbert Krämer.
Tja so ist halt Politik
Erst mal Stimmen sammeln und nach des Bürgers Mund reden und danach wird immer das Süppchen zu Hause kochen. Was wurde nicht alles über den Investor des Atlantis gesagt. Alles meiner Meinung nach unqualifizierte Personen an der Spitze, die doch mal auf die Meinung des Fußvolks hören sollten. Selbstständige müssen für Fehlentscheidungen geradestehen. Politiker können machen, was sie wollen. Nie müssen sie in aller Konsequenz dafür gerade stehen.
Traurig, aber wahr. Doch keine Überraschung. Wer kann von gelungenen Taten berichten? Wo hat Dorstens Bevölkerung profitiert von Entscheidungen der Entscheider?
Die Stadt geht vor die Hunde. Ein kleines trauriges Beispiel gefällig?
Der schöne Teeladen auf der Recklinghäuser Straße, bei dem man Qualitätstees bekam, anschließend eine Tasse Tee oder Kaffee trinken konnte, ins Erzählen kam mit anderen Gästen – er schließt! Warum hat die Stadt ihr Augenmerk nicht auf solche “Juwelen” im Ladenketten-Einerlei. Wo ist WinDor dann?22
Wieder ein Grund mehr, nicht in die Stadt zu fahren.
In der Amtszeit von Lambert Lütenhorst sind um 300 Millionen Euro an Schulden entstanden. Lütkenhorst war als Bürgermeister Verwaltungschef. Diese Schulden drücken die Kaufkraft in Dorsten zusätzlich (höhere Gewerbesteuern, höhere Grundsteuern). Die Höhe dieser Schulden ist das Problem. Kritiker an diesen Schulden werden bis heute ausgegrenzt oder als respektlos bezeichnet. Dennoch: Lütkenhorst hat bei Wahlen sehr gute Werte erzielt, insbesondere in Lembeck und in Rhade. Somit müssen auch wir als Wähler (oder Nichtwähler) Verantwortung übernehmen. Dorsten hat sehr viel Einzelhandel. Das ist auch ein klarer Standortvorteil. Aber es braucht genug Menschen, Menschen auch mit höheren Einkommen, die diesen Einzelhandel nutzen können. Wie ist die Entwicklung solcher Arbeitsplätze mit höheren Einkommen in Dorsten? Gibt es im Vergleich zu anderen Städten zu wenige solcher Arbeitsplätze? Liegen hierin eventuell auch Ursachen für die Bevölkerungsrückgänge in den letzten Jahren? Welches Steueraufkommen ist so verloren gegangen? Wie viele Unternehmen sind in den Kreis Borken abgewandert? Welche Gewerbesteuern müssen dort entrichtet werden?
Ein Verfahren, das seinesgleichen sucht. Ich kann mich noch gut an die Arroganz und Überheblichkeit von Lambert Lütgenhorst erinnern. Die Lokalpolitiker, allen voran aus der CDU, die nicht müde wurden jede Kritik im Keim zu ersticken. Die Gefälligkeitsberichte (des Chefreporters) in der Dorstener Zeitung. Und Thomas Hein, der sich immer wieder für die Mercaden eingesetzt hat. Und was ist davon übrig geblieben?
Herr Lütgenhorst und Herr Hein stellen sich jetzt vor die Presse und sorgen sich um die Altstadt, weil Herr Tempelmann das Zechengelände erfolgreich führt. Hätten die Herren auf die Dorstener Bürger gehört, hätte man die Planung der Mercaden in eine andere Richtung lenken können und die Altstadt hätte vermutlich die Probleme heute nicht. Dafür hat Herr Hein die Mercaden als Sponsor seiner Veranstaltungen. Man muss eben Prioritäten setzen im Leben als Vorsitzender der DIA. Die Lokalpolitiker wollen nichts mehr mit den Mercaden zu tun haben. Und die Dorstener Zeitung ist endlich aufgewacht und schreibt auch mal kritisch über die Mercaden. Vielleicht weil sie verstanden hat, vielleicht aber auch nur, weil es einfach nichts Positives über die Mercaden zu berichten gibt.