Von Wolf Stegemann
12. Mai 2017. – Nach dem Abitur am Gymnasium St. Ursula in Dorsten studierte sie ab 1993 Komparatistik (vergleichende Literaturwissenschaften), Geschichte und Politik in Aachen und ist seither nicht nur im Geschäft mit Büchern tätig, sondern engagiert sich voll im politisch-wissenschaftlich-kulturellen Betrieb der alten Kaiserstadt Aachen, was sie immer wieder in die Schlagzeilen der Tagespresse bringt. Als freie Mitarbeiterin schrieb sie in den 1990er-Jahren bei den „Ruhr-Nachrichten“ Dorsten (heute DZ) Schlagzeilen – aber über andere.
Falsche Identität des Rektor der RWTH Aachen aufgedeckt
Zu eigenen Schlagzeilen regte sie mit ihrem 1997 herausgekommenen Buch „Schweigepflicht“ an, in dem sie gemeinsam mit einer Kollegin und zwei Kollegen, dem „Autorenkollektiv für Nestbeschmutzung“, den ehemaligen SS-Hauptsturmführer und NS-Wissenschaftler enttarnte, der nach dem Krieg als Rektor der RWTH Aachen und unter falscher Identität als „Hans Schwerte“ seine NS-Studien (Modell eines germanischen Kerneuropa) fortsetzte. Dabei wurde eine Seilschaft mit funktionierenden Nazi-Strukturen quer durch alle Wissenschaftsgebiete aufgedeckt. 1998 wurde von einem großen Trägerkreis, dem die VHS Aachen, die VHS Eupen, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die SPD, die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ und der Aachener Friedenspreis e. V. angehörten, die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ auch mit dem Engagement Tina Terschmittens nach Aachen geholt. Durch die als „Wehrmachtsausstellung“ bekannt gewordene Wanderausstellung führte Tina Terschmitten erstmals Schulklassen. Dabei kam sie durch das Ausstellungsbegleitprogramm mit dem „Aachener Friedenspreis“ in Kontakt.
Themenkomplex Krieg und Widerstand, Arbeit und Industrie
Zeitgleich begann in der Volkshochschule der Ostkantone (Eupen/Belgien) das von der EU geförderte Socrates-Projekt „Dialog der Generationen“ zu den Themenkomplexen Krieg und Widerstand, Arbeit, Industrie und Migration mit den Projektpartnern ISTORECO in Reggio Emilia. Im Rahmen dieses Projekts ließ sich Tina Terschmitten vom Evangelischen Erwachsenenbildungswerk in Duisburg zur „Erinnerungsarbeiterin“ ausbilden.
Seit 2001 arbeitet sie als Buchhändlerin in Aachen und hat seitdem immer auch an der Organisation der „Aachener Kinder- und Jugendbuchwochen“ maßgeblich mitgewirkt. Als deren Fortbestand in der Trägerschaft der kleinen inhabergeführten Buchhandlungen 2005 gefährdet war, übernahm sie zusammen mit ihrer Kollegin Alexandra Lünskens die Trägerschaft und gründete den Verein „Kinder- und Jugendliteraturhaus Aachen“, deren Vorsitz sich die beiden Gründerinnen teilen.
Tina Terschmitten eine engagierte Kulturarbeiterin
Seit 2006 ist die Dorstenerin Tina Terschmitten Mitglied im „Aachener Friedenspreis e.V.“, gehörte von 2007 bis 2009 dem Vorstand an und ist seit 2011 Vorsitzende dieses auch überregional viel beachteten Vereins. 1988 wurde der Verein von rund 50 Personen gegründet. Heute hat der „Aachener Friedenspreis“ 350 Mitglieder. Dazu Tina Terschmitten in der „Aachener Zeitung“: „Zu Beginn wollten wir ein regionaler Preis sein. Doch nach und nach hatten wir auch internationale Preisträger. Dadurch haben wir natürlich auch eine größere politische Bedeutung erlangt. Wir sind kein hoch dotierter Preis, aber für unsere Preisträger können wir dennoch viel Öffentlichkeit bieten. Das ist manchmal mehr wert als bares Geld.“
Im Auftrag der Stadt Aachen konzipierte sie diverse literarische Veranstaltungsreihen wie „Aachen liest“ (ab 2008) und 2009 mit Anna Enquist „Kontrapunkt“ sowie den „Literarischen Sommer“ ab 2009. Zwischendurch gab sie das Jugendbuch „Möchte gern Schriftsteller werden“ heraus. Die in diesem Band veröffentlichten Texte sind das Ergebnis einer Jugendautorenschule mit Michael Wildenhain. Herausgekommen ist eine Jugendliteratur, bei der einmal nicht Erwachsene schildern, wie sie sich an ihre Jugend erinnern oder die gegenwärtige Jugend vorstellen, sondern in der authentisch Jugendliche selbst ihre Welt vorstellen. Und was macht die engagierten Kulturarbeiterin Tina Terschmitten in ihrer Freizeit, wenn sie überhaupt eine solche hat? Sie tut’s am liebsten in der Badewanne: Bücherlesen.
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