Von Wolf Stegemann
28. Oktober 2016. – Dieser Freitag ist ein Tag, an dem weltweit von Banken zum Sparen aufgerufen wird. Das kennen die älteren unserer Leser bereits aus ihrer länger zurückliegenden Kindheit, als Mitarbeiter örtlicher Banken in die Schulen kamen, leere Spardosen verteilten und volle leerten. Banken wollten schon immer das Geld der Leute, von dem sie leben. Daher riefen sie schon auf den 1. Internationalen Sparkassenkongress 1924 in Mailand zu einem weltweiten Spartag auf, der bis heute alljährlich Ende Oktober stattfindet, in diesem Jahr am 28. des Monats. Dieser Tag ist der Förderung des Spargedankens gewidmet, der sich in Deutschland durch alle Jahrzehnte fortsetzte und im Nationalsozialismus Blüten trieb. Denn das Regime wollte durch Sparen und Sparsamkeit der Bürger diese auf den Krieg vorbereiten und ihn auch mit den Spargeldern mitfinanzieren. Nach dem Krieg allerdings begann die Blütezeit des Spargedankens, bei dem in Europa sogar der Papst mit eingebunden werden sollte. Allerdings verlor der Weltspartag in den letzten 30 Jahren an Bedeutung. Heute steht er in manchen Ländern nur noch marginal in Kalendern. In anderen Ländern gewinnt er an Bedeutung. In den letzten Jahren wurde er u. a. in Aserbaidschan, Mexiko und Mosambik eingeführt.
Zweck und Bedeutung des Weltspartags hat sich seit langem verschoben
Die Initiative zum Weltspartag wollte nicht einfach nur das Sparen fördern. Vielmehr stand bereits zu Beginn der pädagogische Aspekt im Vordergrund. Vor dem Hintergrund der Finanzerziehung wollte man nicht nur die unteren Einkommensschichten erreichen, das Sparen sollte als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen werden.
Bei uns werden heute am Weltspartag vielfach von Banken und Sparkassen Werbegeschenke verteilt, insbesondere Spardosen, Kugelschreiber, Kalender. Vom ursprünglichen pädagogischen Aspekt des Sparens und Finanzerziehung, Sparen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu betrachten, ist kaum noch was geblieben – vom einst guten Ruf etlicher der Banken übrigens auch nicht viel, wie Verbraucherschützer beklagen. Der „Weltspartag 2016“ soll Anlass sein, einmal die Dorstener Banken-Geschichte Revue passieren zu lassen.
Kreissparkasse Recklinghausen gibt es seit 1859 in Dorsten
Nach der Gründung der Kreissparkasse Recklinghausen wurde 1859 in Dorsten eine Sparkasse als „Nebensparkasse des Kreises Recklinghausen in Dorsten“ errichtet. Heute ist es die „Sparkasse Vest“ an der Julius-Ambrunn-Straße. Die Gründung entsprach einem wirtschaftlichen Bedürfnis im Kreisgebiet. Das Kuratorium der Nebenkasse bestand aus einem Direktor und zwei Beisitzern, von denen einer ein Rechtsanwalt sein musste. Dem Kuratorium gehörten an: Bürgermeister Alexander de Weldige-Cremer als Direktor von 1859 bis 1874, Rechtsanwalt Engelbert Jungeblodt, Zimmermeister Arnold Schmitz; beide als Mitglieder von 1859 bis 1865. Die Stelle des Rendanten war nicht von einem Beamten besetzt, sondern wurde 1859 bis 1878 von dem Kaufmann Wilhelm Schürholz, dem Großvater des Nachkriegsbürgermeisters Paul Schürholz, bekleidet, in dessen Haus am Markt sich auch die Sparkasse befand. Mit der Niederlassung und Gründung von Industriebetrieben steigerte sich auch der Zahlungsverkehr und Umsatz. Im Jahr der Eröffnung hatte die Kasse 12 Einlagenkonten mit 2.459 Mark, zehn Jahre später waren es bereits 674 Einlagenkonten mit 316.000 Mark, 1879 verbuchte die Sparkasse auf 1.812 Konten rund 1,7 Mio. Mark und 1909 lagen auf 7.409 Konten über 20,6 Mio. Mark.
1874 änderte die Nebensparkasse ihren Namen um in „Sparkasse des Kreises Recklinghausen in Dorsten“. Die Leiter der ersten 100 Jahre waren Wilhelm Schürholz (ehrenamtlich von 1859 bis 1878), Bürgermeister a. D. von Cloedt (hauptamtlich von 1878 bis 1897), Kreissparkassendirektor Oskar Seelig sen. (hauptamtlich von 1898 bis 1922), Sparkassendirektor Fernkorn (hauptamtlich von 1922 bis 1933), Kreissparkassen-Oberinspektor Paas (hauptamtlich von 1933 bis 1950), Kreissparkassenamtmann Riedel (hauptamtlich von 1950 bis 1958); ihm folgte Kreissparkassenamtmann Klatt. Heute leitet Matthias Feller die Sparkasse.
Daneben gab es in Dorsten die Städtische Sparkasse
Unabhängig von dieser Zweigstelle der Recklinghäuser Kreissparkasse entstand 1878 eine Städtische Sparkasse in Dorsten, deren Bestand durch die rasch anwachsende Bevölkerung durchaus gesichert war. Treibende Kraft zur Gründung dieser Kasse war der damalige Vorsitzende des Stadtverordnetenkollegiums Wilhelm Schürholz, der auch erster ehrenamtlicher Rendant der Kreissparkasse war. Offensichtlich sah er als Insider die Dorstener Interessen bei der Kreissparkassen-Nebenstelle nicht ausreichend berücksichtigt. Beide Sparkassen entwickelten sich in demselben Maße wie die wirtschaftliche Entwicklung der Dorstener Wirtschaft aufwärts steigende Tendenzen zeigte. 1922 vereinigten sich beide Kassen zur „Kreis- und Stadtsparkasse Dorsten“, die 1932 ihre Selbstständigkeit verlor. Auf Ministererlass wurde sie als „Hauptzweigstelle Dorsten“ der Kreissparkasse Recklinghausen angegliedert. Heute heißt das Bankinstitut Sparkasse Vest Recklinghausen.
Personal wurde aufgestockt
1945 wurde das zerstörte Bankgebäude am Südwall teilweise und 1949 wieder ganz hergerichtet. Zweigstellen entstanden in Hervest (1953, 1964), Holsterhausen (1957, 1973), Lembeck (1957), Rhade (1959) und Wulfen (1967, 1972). 1956 eröffnete die Dorstener Hauptzweigstelle in Kirchhellen eine Zweigstelle. Von 1961 bis 1999 war die Kreissparkasse im Gebäude am Markt untergebracht, danach in einem Neubau an der Julius-Ambrunn-Straße (siehe Banken). 2010 wuchsen die Kundeneinlagen um vier Prozent auf über 450 Millionen Euro. Noch stärker (um sechs Prozent) auf 500 Millionen Euro stieg das Kreditgeschäft. Die Zahl der Kunden in den zehn Geschäftsstellen ist 2010 auf 40.000 gestiegen, die rund 90.000 Konten unterhielten. Das Personal wurde um fünf Mitarbeiter auf 78 ausgestockt. Die Sparkasse Vest Recklinghausen ist mit 50 Prozent Marktanteil das größte Geldinstitut im Kreis Recklinghausen.
Dorstener Volksbank wurde 1897 gegründet
Die Geschichte der Volksbank geht auf das Jahr 1897 zurück, als in das Genossenschaftsregister die „Gewerbebank“ mit Sitz in Dorsten eingetragen wurde. Männer der ersten Stunde waren als Vorsitzender des Vorstands Franz Buckstegge, als Vorstandsmitglied und Rendant Franz Rodeck, als Aufsichtsratsvorsitzender Hermann Krebs. Im ersten Jahr des Bestehens hatte die Bank 45 Mitglieder mit einer Einlage von je 100 Mark, die in monatlichen Raten von fünf Mark gezahlt werden konnten.
Das gemeinsame Kapital diente dem Zweck, „den Handwerker resp. Mittelstand zu heben“ und zwar „durch Gewährung von Crediten, Annahme und Verzinsung verfügbarer Gelder, durch Übernahme und Einziehung geschäftlicher Forderungen, Gewährung von Rechtsschutz“. Diesem Prinzip blieb das Geldinstitut im Laufe der Jahrzehnte treu, für Handwerker, Gewerbetreibende, Kaufleute und auch Privatpersonen die Geldversorgung vor Ort sicherzustellen. Nur der Name änderte sich von Gewerbebank über Spar- und Darlehnskasse ab 1924 bis zur Volksbank ab 1974. Zweigstellen wurden in den 1950er-Jahren in Holsterhausen und in Hervest-Dorsten sowie 1963 in Altendorf-Ulfkotte errichtet. Die Volksbanken in Wulfen und Lembeck entstanden 1895.
„Kahr-Kathedrale“ nannte man die neu erbaute Volksbank am Südwall
Bei Gründung im Jahre 1897 wurden die Bankgeschäfte im Hause des Kaufmanns Franz Rodeck abgewickelt, später am Marktplatz und in den 1930er-Jahren am Südwall. Nach Wiederaufbau des 1945 zerstörten Gebäudes lenkte Hubert Kahr 33 Jahre lang die Geschicke der Bank von 1958 bis 1991. Im Jahre 1983 wurde der Altbau am Südwall in einen daneben errichteten Neubau integriert. Wegen des turmhaften Aussehens des neuen Bankgebäudes hieß es im Volksmund schon bald „Kahr-Kathedrale“. Die Mitgliederzahl von 47 bei der Gründung hat sich auf über 8.000 erhöht; die Bilanzsumme hat die 500 Millionen DM-Grenze überschritten. Zum 100-jährigen Jubiläum ließ die Volksbank das Alte Rathaus am Markt als Geschenk an die Bürger renovieren (siehe Banken). Dem Vorstandsvorsitzenden Hubert Kahr folgten 1991 Heribert Figgener und danach August Wilhelm Langenbrinck. Derzeit ist Ingo Hinzmann Vorstandsvorsitzender.
Geldautomaten im Jahr 715.088-mal in Anspruch genommen
In der Jahresbilanz 2011 wies die Volksbank eine Bilanzsumme von 531,5 Millionen Euro ein Plus von 3,7 Prozent aus. Um sechs Prozent auf jetzt 231,3 Millionen Euro stieg das Volumen der Darlehen und bei den Sparguthaben betrug das Plus 3,2 Prozent, 410,5 Millionen Euro das Kundeneinlagevolumen. Alle betreuten Vermögenswerte machen zusammen 936,7 Millionen Euro aus, ein Plus von 2,2 Prozent. Ende 2011 betreute die Volksbank Dorsten 34.546 Kunden mit 96.961 Bankverbindungen. 2011 wurden die Geldautomaten der Bank 715.088-mal in Anspruch genommen. Im letzten Jahr auch mit Gewalt. In der Sparkassenfiliale in Dorf-Holsterhausen durch Sprengung.
Privatbank de Weldige-Cremer, Commerzbank, Deutsche Bank, Citi-Bank
In Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum und dem zunehmenden örtlichen Kreditbedarf für den Wohnungsbau wurde 1897 eine Gewerbebank in Dorsten und 1904 eine in Hervest gegründet. Die Bankgeschäfte nahmen aber über die Tätigkeit der Sparkassen hinaus erheblich zu. Daher errichtete die Essener Kreditanstalt 1906 eine Agentur in Dorsten. Im selben Monat (April) wurde die Dorstener Bank AG gegründet. Zurzeit des Ersten Weltkriegs und danach traten erhebliche Veränderungen in der Wirtschaft des Dorstener Raumes ein. Drei der sieben größten Betriebe stellten ihre Produktionen ein. Daher ergaben sich auch bei den Banken weit reichende Umgestaltungen. Die Dorstener Bank wurde 1916 aufgelöst und die Städtische Sparkasse ging in der Kreissparkasse auf. Die Gewerbebank wurde 1923/24 in eine Spar- und Darlehnskasse umgewandelt und die Filiale der Essener Kreditanstalt kam 1925 durch Fusion an die Deutsche Bank AG.
Neue Banken nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg traten abermals erhebliche Veränderungen im Bankgewerbe ein. Die Kundenkreditbank GmbH errichtete 1953 eine Zweigstelle in Dorsten, die in den 1990er- Jahren in Citibank umbenannt wurde (heute Targobank). Das Bankgeschäft von F. J. de Weldige-Cremer wurde 1958 infolge eines Konkurses aufgelöst. Es war nicht mehr konkurrenzfähig. Am gleichen Platz am Markt eröffnete die Commerzbank AG 1964 eine Filiale, die im Jahr 2000 zum Südwall umzog. In den Ortsteilen wurden Zweigstellen der Sparkassen und Volksbanken errichtet. In einer wissenschaftlichen Untersuchung von 1955 von H.-J. Seraphim wurde festgestellt, dass Dorsten über einen bemerkenswerten Bestand an Banken und Sparkassen verfüge.
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