Von Wolf Stegemann
Bis 1952 kursierten in Dorsten, Gelsenkirchen, Dortmund, Recklinghausen, Münster, Borghorst und Bad Godesberg falsche Fünf-Mark-Scheine. Nach dem Hinweis eines Dortmunder Kneipenwirts in der Münsterstraße konnte die Polizei einen Falschmünzerring sprengen, der damals von der Polizei als „eine der gefährlichsten Falschmünzerbanden der Nachkriegszeit“ bewertet wurde. Der Grafiker, der die Druckstöcke dazu herstellte und das Geld druckte, Waldemar K. aus Dorsten, von dessen Familie noch Angehörige in seiner Geburtsstadt wohnen, war früher bei der Reichsdruckerei in Berlin beschäftigt und befasste sich dort legal mit diesem Handwerk.
Die Geschichte dieses Geldfälscherrings liest sich wie ein Kriminalroman à la „Tatort“-Schimanski. Den entscheidenden Hinweis auf den Fälscherring bekam die Polizei Ende Mai 1952 in Dortmund, als in einer Kneipe ein alter Stammgast jedes Bier, das er bestellte, neuerdings gleich bezahlte und sich das Wechselgeld auch sofort herausgeben ließ. Das machte er an diesem Abend über zehnmal. Keinem der anderen Gäste war dies verdächtig, nur dem Wirt. Er verständigte die Polizei.
Fälschungen mit hoher Qualität
Die Bank deutscher Länder (Vorläufer der Bundesbank) hatte die kursierenden falschen Fünf-Mark-Scheine untersucht und bescheinigte den Fälschungen eine sehr hohe Qualität. Die Falsifikate waren von echten Scheinen kaum zu unterscheiden. Der Präsident der Bank deutscher Länder, Vock, erkannte die Fälschungen auch an einem fehlenden Häkchen am o in seiner aufgedruckten faksimilierten Unterschrift.
Die Polizisten des Landeskriminalpolizeiamtes erfuhren bei der Vernehmung des trinkfreudigen Kneipen-Gastes so viele Einzelheiten, dass die Polizei die Schlinge um die Bande zuziehen konnte. Die Spur führte nach Neuenhaus im Emsland, wo die Polizei die Druckerpresse, Farben, Japanpapier und Chemikalien im Keller eines angesehenen Geschäftsmannes fand, der festgenommen wurde. Er gab an, mit dem echten Erlös aus den falschen Scheinen eine Molkerei kaufen zu wollen. Daher habe er diese Aktion mit dem Dorstener Grafiker gestartet und vorfinanziert. Für seinen Dorstener Kumpan hatte er Unterkunft in Hotels oder bei nichts ahnenden Freunden besorgt. Weitere Mittäter wurden verhaftet.
Der Dorstener wurde beim Grenzübergang festgenommen
Die Vernehmungen ergaben, dass alle anderen „Teilhaber“ der Bande, einschließlich der Geldgeber und Initiator aus Neuenhaus, vom Dorstener Grafiker betrogen worden waren, worauf Zeitungen den Geldfälscherring als „betrogene Betrüger“ betitelten. Den Aufenthalt des Dorsteners kannte niemand von seinen Geldfälscher-Freunden. Er war schon lange aus Dorsten weg und gab niemandem seinen jeweiligen Aufenthalt bekannt. Er hatte die „Teilhaber“ mit halbfertigen Scheinen geködert und von ihnen Betriebskapital und Vorauszahlungen gefordert und erhalten. Als „Sicherheit“ überließ er ihnen die halbfertigen Falsifikate. Die fertigen und fast perfekten Fälschungen brachte er dann selber unters Volk. In Hessen und in Rheinland-Pfalz war der Anteil der entdeckten Fälschungen am größten. „Wir haben den Mann wie eine Königin im Bienenkorb betreut und gepflegt“ gaben die betrogenen Betrüger zu Protokoll der Polizei. Die Polizei suchte den Dorstener eine lange Zeit, griff ihn schließlich zwei Jahre später beim versuchten Grenzübergang nach Österreich auf. In einem Prozess wurde er zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. Mehr darüber war in der Familie seines Bruders nicht zu erfahren.
Waldemar K. hatte auch Humor
Der Dorstener Grafiker hatte aber nicht nur professionelle Kenntnisse über das Herstellen von Druckplatten für Geldscheine, er hatte auch Humor. Als er sich mit den guten Fälschungen von seinen „Teilhabern“ absetzte, hinterließ er ihnen einen von ihm angefertigten Stich in der Manier der Banknotendrucke. Er zeigte zwei Ochsen, die einen Pflug zogen und einen Mann, der ihn führte. Unter der Lupe betrachtet sah man, dass der Mann verschmitzt grinste.
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