Von Wolf Stegemann
In Dorsten veranstalteten 1968 die Pfadfinder in Zusammenarbeit mit Opel-Lüning das erste und einzige Seifenkistenrennen, das in der Stadt große Aufmerksamkeit erregte. Seifenkisten waren aus Holz, Sperrholz oder ähnlichen Materialien selbstgebaute Kleinfahrzeuge. Gelenkt wurde durch Lenkseile. Die Kisten verfügten über keine eigene Antriebsvorrichtung, sondern wurden auf abschüssigen Strecken durch die Hangabtriebskraft bewegt.
Der Name Seifenkiste stammt aus den USA. 1933 bastelten in Ohio Kinder ihre Automobile aus hölzernem Verpackungsmaterial für Seifen und Käse. Daraufhin schrieb die Daily News von „Soap boxes“ (Seifenkisten) und „Cheese boxes“ (Käsekisten). Der Name Seifenkiste setzte sich durch. Die ersten großen Seifenkisten-Rennen der Nachkriegszeit fanden in Deutschland im Jahre 1949 statt. Ausgangspunkt waren die Bemühungen der in Deutschland stationierten amerikanischen Truppen um eine der Jugend dienende Freizeitgestaltung in ihrer Besatzungszone. Die damals in Amerika in hoher Blüte stehenden Soap-Box-Derbys waren Vorbild für die Wiedergeburt der deutschen Seifenkisten-Rennen nach dem Krieg.
Prominentenvorrennen mit Lampen und Quinders
Der Dorstener Norbert Holz, der damals den Pfadfindern angehörte, erinnert sich gerne an das Dorstener Seifenkistenrennen von 1968. Es war ein großes lokales Ereignis. Das Autohaus Lüning beschaffte für die Pfadfinder die Bausätze für die Seifenkisten und half auch bei der Organisation des Rennens. Jede Seifenkiste war nach Vorschrift ähnlich gebaut. Lediglich beim Prominenten-Rennen als Rahmenprogramm wurden Phantasieformen verwendet, wie die einer Kinderwiege, eines Kanus oder eines Tieres. Die Clemens-August-Straße wurde gesperrt. Da das Gefälle der Straße nicht stark genug war, wurde eine Anschubrampe gebaut. Der damals 13-jährige Schüler Thomas Funke war unter allen Teilnehmern der schnellste und ging als Sieger hervor. Dafür bekam er 20 Mark Prämie. Daraufhin nahm er bei der Kreisentscheidung in Haltern teil, schließlich auch an der Deutschen Meisterschaft auf der Uhlenhorststrecke in Duisburg-Wedau, kam dort aber nur auf den 134. Platz von 6.000 Teilnehmern. Damit platzte sein Traum von der Weltmeisterschaft in Ohio (USA).
Bevor das Rennen auf der Clemens-August-Rampe begann, fand ein so genanntes Prominenten-Vorrennen statt. Bürgermeister Hans Lampen, Stadtdirektor Heinrich Quinders und dessen Frau sowie Ratsherren und andere Prominente der Stadt setzten sich in die Kisten und fuhren zum Spaß der Zuschauer vorab ihr eigenes Rennen. Dabei gab es einen Unfall. Ellinor Quinders, die eine Seifenkiste in Form eines Faltbootes fuhr, flog der Hut vom Kopf. Als sie das Steuer losließ, um ihre Kopfbedeckung wieder zu erhaschen, verlor sie die Kontrolle über das Gefährt, das links in die Zuschauer hinein fuhr. Ein Kind wurde dabei leicht verletzt und musste ins Krankenhaus gebracht werden.
Stets hohe Teilnehmerzahlen
Die Teilnehmerzahlen waren bei den bundesweiten Seifenkistenrennen stets hoch: Bis 1960 nahmen rund 60.000 Jungen teil, beteiligt waren 214 Städte. In der Folge gab es zwölf Großveranstaltungen in der amerikanischen Besatzungszone und Berlin. Die Übernahme der Schirmherrschaft durch die Adam Opel AG im Jahre 1951 brachte dem Seifenkistensport einen Aufschwung. Nach Ausstieg der Sponsoren Opel und ADAC ging die Bedeutung des Seifenkistensports in den 1970er-Jahren zurück.
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Quellen: Mitteilung und Fotos von Norbert Holz (Dorsten) 2011. – Gespräch mit Thomas Funke am 3. April 2011; Text entnommen dem Dorsten-Lexikon (in Vorbereitung).