Von Wolf Stegemann
Die hier vorgenommene zusammenfassende Aufzählung von unterschiedlichen bzw. außergewöhnlichen Todesarten, hat Vorgänger in weitaus größeren und umfassenderen Bereichen, wie u. a. das „Lexikon der populären Listen. Gott und die Welt in Daten, Fakten, Zahlen“, erschienen 1997 im Eichborn-Verlag. Darin sind beispielsweise die „zehn unkonventionellsten Todesarten“ und die „zwölf außergewöhnlichen Todesfälle“, weltweit bezogen, aufgeführt. Von N. Jungwirth und G. Kromschröder ist das Buch „Originelle Todesfälle“ erschienen (o. J.). Ein kauziger Amerikaner sammelte Hinterbliebenen-Post von zum Tode Verurteilten, ein anderer so genannte Katastrophen-Post aus untergegangenen Schiffen und abgestürzten Flugzeugen. Ein adeliger Geistlicher hortete leidenschaftlich Leichenpredigten – war ja auch sein Metier. Die Sammelleidenschaft macht offensichtlich auch bei pietätvollen Themen nicht Halt. Harmlos dagegen war die Leidenschaft einer alten Lehrerin aus Rothenburg ob der Tauber, die in den 1950er-Jahren starb, und Zeit ihres Lebens außergewöhnliche Familiennamen gesammelt hatte. Sie selbst hieß übrigens Amalie Powischer. – In der folgenden Chronologie der Darstellung über außergewöhnliche Todesarten in Dorsten und von Dorstenern ist die NS-Zeit, was die Opfer betrifft, ausgeklammert; ebenso aktueller Mord und Totschlag.
Tod im Brunnen. Johann Kupferschmid, geboren in Dorsten, war Chorherr und Stiftpropst in Hildesheim. Bei einer Visitation des Stifts Hamersleben im Jahre 1502 stürzte der Propst, als er sich erfrischen wollte, in einen Brunnen und starb. Nach eine anderen Version soll er in den Brunnen gestoßen worden sein.
Teuflischer Genickbruch. Als 1588 der städtische Richter Vinzenz Rensing die Bürgermeisterwitwe Margarete Burich als Hexe der Folter unterzog, starb sie unter den Händen des Büttels. Das war nach damaligem Recht Rechtsbruch in der Verantwortung des Richters. Um dies zu vertuschen, ließ er der toten Frau das Genick brechen und den Leichnam am Dorstener Marktplatz zur Schau stellen mit der Bekanntgabe, der Teufel hätte ihr den Hals gebrochen, um sie von den Folterqualen zu erlösen. Anschließend wurde sie auf dem Richtplatz verscharrt.
Brennende Hexen. Wer als „Hexe“ verurteilt wurde, wurde in den meisten Fällen auf dem Scheiterhaufen verbrannt, da man glaubte, Feuer reinige die Seele. Die beiden Dorstenerinnen Elsa Kielß und die Stockmann’sche wurden in Recklinghausen verbrannt. In Dorsten wurden vom Stadtrichter Rensing Ende des 16. Jahrhunderts Trine Erkennschwick, Sophie Rive, Anna Raken und Barbara von Lembeck zum Feuertod verurteilt. In Lembeck erlitt den Feuertod Anna Keiters. Norle Vierhoff und Kerstin Herschink wurden 1589 zwar zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, vom Richter aber zum Schwert-Tod begnadigt.
Bürgermeister starb im Kerker. Die kölnische Stadt Dorsten und die münsterländischen Schlossherren von Lembeck hatten stetige Auseinandersetzungen. Die Lippe war der Grenzfluss und daher die darüber führende Brücke Anlass auch zu handgreiflichem Streit. Als der Schlossherr 1597 auf seinem Ufer an der städtischen Brücke eine Zollstation einrichtete, zog Dorstens Bürgermeister Heinrich Palen mit städtischen Spießknechten über die Brücke, um die Lembecker zu vertreiben. Dabei wurde Palen verletzt und als Gefangener in den Schlosskerker geworfen, wo er starb.
Hinrichtung des Menschenfressers. Im Jahre 1699 verurteilte das Dorstener Hohe Gericht den Menschenfresser Wahrmann (auch Wahmann) zum Tode durch Zwicken mit glühenden Zangen, Brechen der Knochen, Flechten aufs Rad und Würgen mit dem Strick. Im angehenden 18. Jahrhundert galt dieses Urteil, das so auch exekutiert wurde, ausgesprochen als barbarisch.
Kirchenräuber gewürgt und verbrannt. Erst zehn Jahre nach der Tat wurden die drei Diebe ermittelt, die im Jahre 1700 in den Wulfener Kirchturm eingedrungen waren, und dort das aufbewahrte Geld der Bauern sowie silbernes Kirchengerät gestohlen hatten. Zwei der Täter waren bereits verstorben. Gerlach Hessbrügg, der dritte Täter, wurde am 15. Oktober 1710 am Galgenberg „gewürget und verbrannt“.
Blinddarmentzündung. Der Lembecker Graf Maximilian von Merveldt war Zeit seines Lebens als kaiserlicher Feldmarschall in den vielen Schlachten auch wegen seiner Kurzsichtigkeit in steter Lebensgefahr, wenn die Kugeln an ihm vorbei pfiffen und er vor die feindlichen Linien ritt. Doch er überstand alle Schlachten, zuletzt auch die der Befreiungskriege gegen Kaiser Napoléon. Der Kriegsheld starb 1815 in London an Blinddarmentzündung. Sein Leichnam wurde ins väterliche Schloss überführt.
Rauchvergiftung. Der 1813 in Dorsten geborene und berühmt gewordene Bildhauer Gottfried Starcke starb 1850 mit 37 Jahren in Bocholt an Rauchvergiftung als er mithalf, das brennende Haus seines Nachbarn zu löschen.
In kalter Winternacht erfroren. Unweit seines Elternhauses in Lembeck-Specking erfror am 18. Januar 1858 der Lazarettgehilfe beim Heer, Bernhard Humberg, als mit wärmendem Schnaps im Bauch in kalter Winternacht zu Fuß von Haltern nach Lembeck lief, um seine Eltern zu besuchen.
Am Freudenberg erstarrt. In der Nähe der Tüshaus-Mühle erstarrte der Holsterhausener Weber H. M. in der Winterkälte am 26. Januar 1880, als er die ganze Nacht in „berauschtem Zustand“ im Freien zubrachte. Das „Dorstener Wochenblatt“ berichtete: „Nach wenigen Augenblicken war er eine Leiche. Vor einiger Zeit fand auch des Verstorbenen Bruder einen ähnlichen Tod.“
Gelbfieber des Südstaaten-Deserteurs. Nachdem er wochenlang am mexikanischen Ufer des Red River vergebens auf seine von Texas-Rangers verfolgte Frau wartete, starb der zum Tode verurteilte und danach geflohene Südstaaten-Deserteur Jakob Julius Schlickum, der 1849 nach Texas auswandert war, am 27. Oktober 1863 am „gelben Fieber“, das er sich während der täglichen Warterei am sumpfigen Fluss zugezogen hatte. Einen Tag nach seinem Tod traf seine Frau am Grenzfluss ein. Der in Texas geborene Sohn kehrte nach Dorsten zurück.
Erwürgtes Mädchen. Das 13-jährige Schulmädchen Wilhelmine Bleckmann wurde 1907 von dem Arbeiter Anton Muckel im Barloer Busch erdrosselt uns ihr ein Fünfmarkstück weggenommen. Der Täter wurde enthauptet.
Enthaupteter Mädchenmörder. Im Jahre 1907 ermordete Anton Muckel, Arbeiter auf dem Bauernhof Nachbarschulte in Altendorf-Ulfkotte, im Barloer Busch das 13-jährige Schulmädchen Wilhelmine Bleckmann aus Hervest-Wenge. Das Schwurgericht Essen verurteilte ihn zum Tod. Er wurde am 19. November 1907 im Hof des Essener Zuchthauses mit dem Handbeil enthauptet (siehe Mordfall Anton Muckel).
Betrunken ertrunken. In einem Wassergraben ertrank nach einer Zecherei Bennard, Sohn der legendären „Hoppen Ziska“ (Franziska Hoffmann, 1846 bis 1935) aus Deuten.
Erschlagen oder erschossen? Bis heute werden die 1919 und 1920 in Dorsten gegen Spartakisten bzw. Rote Ruhrarmee kämpfenden Freikorps immer noch von vielen als Retter und Helden verklärt (z. B. in Veröffentlichungen des Schützenvereins). Dabei begingen sie Morde, die ungesühnt blieben. 1919 wurden drei Dorstener Spartakisten ermordet: Über den Tod von Wilhelm Zdunek aus Hervest-Dorsten gibt es mehrere Versionen: Bei der Überführung ins Gefängnis „auf der Flucht erschossen“, dann eine ähnliche und die dritte Variante, von der Tochter mitgeteilt, lautet, ihm sei die Schädeldecke eingeschlagen worden.
Hinterrücks erschossen. Am 11. Februar 1919 wurde dem Bürovorsteher der Zeche Fürst Leopold, Otto Kohlmann, tödlich in den Rücken geschossen. Als Täter ermittelte die Polizei Angehörige des Arbeiter- und Soldatenrates. Angeblich soll der Mitbegründer der Hervester Bürgerwehr auf einer Todesliste gestanden haben. Später tauchten Eifersuchtsmotive aus dem privaten Umfeld des getöteten Bürovorstehers auf.
Wegen Spionage erschossen. Am 29. März 1920 verurteilte ein Tribunal der Rotarmisten unter dem Abschnittskommandeur Karusseit den Hervest-Dorstener Freikorpssoldaten Wenzeslaus Sametz, der gerade auf Urlaub bei seinen Eltern war, wegen angeblicher Spionage zum Tode. Er wurde um 1 Uhr nachts an der Lippebrücke erschossen und seine Leiche in den Fluss geworfen.
Verscharrte Leichen. Vom 2. auf den 3. April 1920 holten Freikorps-Soldaten der Marine-Brigade Loewenfeld die beiden Bergleute Hermann Schipp und Bruno Salamon in Holsterhausen aus den Betten und verschleppten sie. Nachdem sie nicht mehr zurückkehrten, fand sie ein Suchtrupp in der Nähe der Beamtenkolonie der Zeche „Baldur“ erschossen auf und in der Erde verscharrt.
Herzschlag in der Kirche? Frau Gertrud Fallböhmer, eine ältere Dame, starb am 31. März 1920 beim Gebet in der Franziskanerkirche, als zwischen 18.30 und 20 Uhr die Stadt vom Freikorps-Soldaten beschossen wurde, um die Rotarmisten zu vertreiben. Die einen sagen, Frau Fallböhmer sei von einem Granatsplitter getroffen worden, andere sagen, sie sei vor Schreck einem Herzschlag erlegen.
Nackten Hintern gezeigt. Zum Helden wurde Leo Sadecki, geboren 1879, stilisiert, als er 1923 an der Lippe in Hervest-Dorsten belgischen Besatzungssoldaten jenseits des Flusses seinen blanken Hintern zeigte, die diesen Anblick wohl als Provokation empfanden, und den Bergmann tot schossen. Nach ihm ist eine Straße benannt.
Tod aus abgedunkeltem Auto. Als der von der Hardt stammende Polizist Hermann Hutmacher in den Morgenstunden des 12. Februar 1923 in Gelsenkirchen einen Wagen mit deutschem Kennzeichen anhielt, der ohne Licht fuhr, stiegen zwei französische Polizeibeamte der Besatzungsmacht aus, und erschossen den jungen Polizisten wortlos mit ihren Pistolen. Die Überführung der Leiche nach Dorsten wurde zur politischen Demonstration.
Untergegangener Zivil-Internierter. Der Dorstener Erich Kliem, geboren 1913, war Angestellter der IG Farben und Leiter der Niederlassung in Niederländisch-Indien. Im Januar 1942 wurde er von den Engländern als Zivil-Internierter mit dem Schiff von Sumatra nach Bombay gebracht. Das Schiff wurde von einem deutschen U-Boot versenkt. Erich Kliem kam dabei ums Leben. Er starb somit für Führer und Volk den Heldentod durch sein Vaterland.
Tod im Kanonendonner. Als der Dorstener Drogistensohn, Archivar und Reichsrundfunk-Intendant Dr. Heinrich Glasmeier, der zur Kultur-Elite des Dritten Reiches gehörte, in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 in seinem Brückner-Stift in Linz den Donner der sowjetischen Geschütze hörte, zog er seine im Stil der Renaissance geschneiderte Stiftsherren-Kleidung an und verschwand Richtung Kanonendonner. Seither gilt er als vermiss.
In den eisigen Kanal gesprungen. Ende November 1945 sprang der eifrig gewesene Nationalsozialist aus Holsterhausen, Hans Pöther, von der Behelfsbrücke in den bereits stellenweise zugefrorenen Kanal, um sich das Leben zu nehmen, was ihm glückte.
Geheime NKDW-Liquidierung. Der 1890 in Dorsten geborene Pfarrerssohn und Theologe Prof. Dr. Ernst Lohmeyer wurde, nachdem er am 15. Mai 1945 zum Rektor der Greifswalder Universität gewählt worden war, kurz vor der Wiedereröffnung der Universität am 14. Februar 1946 vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet und nach einem geheimen Prozess zum Tode verurteilt und sofort durch Genickschuss liquidiert. 1996 wurde er rehabilitiert.
Ritterkreuzträger starb auf dem Gleis. Die Ruhr-Nachrichten meldeten am 24. Februar 1950, dass sich der 44-jährige Dorstener Anstreichermeister H. H. (Hans Hund), Ritterkreuzträger, vortags um 8.22 Uhr am Bahnhof Dorsten vor den Zug geworfen habe und er 20 Meter mitgeschleift worden sei. „Die Leiche war grässlich verstümmelt.“ Zuvor habe der frühere Dompteur bei Hagenbeck in Köln Karneval gefeiert.
Sühne am Galgen. Einer der Söhne des Fabrikdirektors des Keramitwerks bzw. Röchling-Stahlwerks in Holsterhausen, Richard Hildebrandt, wurde vom Nürnberger Militärtribunal 1948 als Kriegsverbrecher verurteilt und an Polen ausgeliefert, weil er als verantwortlicher Höherer SS- und Polizeiführer tausendfachen Mord begangen hatte. Nach einem Prozess wurde er 1951 in Bromberg gehenkt.
Tödlich verletzt im Tigerkäfig. Der Holsterhausener Kaufmann Werner Müller träumte davon, Dompteur zu werden. Daher kaufte er sich süße Löwen- bzw. Tigerbabys und brachte sie in einem Käfig im Garten seines Reihenhauses an der Pliesterbecker Straße 131 unter. Als sie ausgewachsen waren, fielen sie ihn – als er sie füttern wollte – 1979 an und töteten ihn.
Tod auf dem Papier. Erstaunt nahm im Juli 1983 der Dorstener Postzusteller Helmut Bieletzki (geboren 1933) seinen Wochen vorher, am 20. Juni, stattgefundenen Tod zur Kenntnis, verbunden mit einer Aufforderung der Stadt Dorsten, den Transport seiner Leiche in das Krankenhaus zu bezahlen. Als Beweisstück lieferte die Stadt gleich den Totenschein mit. „Mir fielen die Augen aus dem Kopf“, meinte damals im übertragenden Sinne der quicklebendige Briefträger, der dann erleichtert feststellte, dass er noch lebte und es sich um einen Irrtum des Notarztes handelte.
Ein Dementer erschlägt den andern Dementen. Seine Ehefrau aus Dorsten-Rhade brachte ihren 74-jährigen demenzkranken Mann im August 2016 zur Kurzzeitpflege in ein Pflegeheim in Heiden (Münsterland), da sie ein paare Tage Urlaub machen wollte. Kaum war ihr Mann im Heim untergebracht und sie im Urlaub, wurde ihr Mann am 17. August mutmaßlich von seinem 83-jährigen ebenfalls an Demenz erkrankten Bettnachbarn mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen. In Münster wurde eine Mordkommission eingesetzt. Ob der 83-jährige Täter, der in eine Psychiatrie untergebracht wurde, schuldfähig ist, muss noch festgestellt werden.
Mein Vorfahr Jakob Julius Schlickum war kein Südstaaten-Deserteur. Vielmehr war er wie nahezu alle deutsch-stämmigen Einwanderer in Texas Gegner der Sklaverei und wurde – gemeinsam mit allen Männern ab 16 der deutschen Kolonie – verhaftet, denn Texas neigte dem Süden zu. Aus der Gefängnishaft floh er mit einer kleinen Gruppe nach Mexiko. Auf der Flucht wurden Sie von Verfolgern in Kämpfe verwickelt bei denen u.a. die 16-jährigen Nachbarszwillinge starben. Der Rest trug sich so zu wie in Ihrem Artikel beschrieben.